Rhein-Neckar-Zeitung vom 26.7.2002
 
Für Heidelberg eine "völlig neue Bergbahn"
 
Von Peter Wiest
Die Heidelberger Bergbahn entspricht nicht den EU-Sicherheitsanforderungen an Seilbahnen. Die obere Berg-bahn zwischen Molkenkur und Königstuhl muss deshalb nach einer Anordnung des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau bis zum 30. April 2003 ihren Betrieb einstellen. Die HSB als Betreiberin ist allerdings zuversichtlich, dass die Bergbahn nach einem grundlegenden Umbau weiter in Betrieb bleiben kann.
Das in Freiburg ansässige Landesamt hatte nach der Seilbahn-Katastrophe von Kaprun Ende 2000 eine sicher-heitstechnische Überprüfung sämtlicher 20 Seilbahnen in Baden-Württemberg angeordnet. Das Ergebnis für die Heidelberger Bergbahn war Besorgnis erregend: "Der obere Abschnitt entspricht sowohl aus Gründen des Brandschutzes als auch technisch nicht den Mindestanforderungen", so Ingenieur Joachim Schäfer vom Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau jetzt auf Anfrage der RNZ.
Die Anlage, die seit 1907 (!) im Originalzustand betrieben wird, birgt zu viele Sicherheitsrisiken. Dies beginnt damit, dass die Elektronik im gleichen Raum untergebracht ist wie das Zugseil, setzt sich im Fehlen von heute obligatorischen Sicherheitseinrichtungen im Antriebs- und Bremsbereich fort und geht bis zu den historischen hölzernen Wagen, deren Türen so schmal sind, dass im Katastrophenfall Rettungsmannschaften Probleme hätten, hineinzukommen, nennt Joachim Schäfer Beispiele. Ein Umbau der bestehenden Anlage sei unmöglich: "In ihrer jetzigen Form muss sie stillgelegt werden."
Das Landesamt hat seine sicherheitstechnischen Bedenken der HSB im Juni mitgeteilt und gleichzeitig die Betriebserlaubnis bis zum 30.April 2003 befristet. Die HSB wird aufgefordert, bis zum 30. September dieses Jahres eine Planung für einen entsprechenden Umbau vorzulegen.
"Wir werden mit Sicherheit eine Lösung finden, die es uns ermöglicht, weiterzufahren", sagt dazu der neue HSB-Vorstand für Vertrieb, Technik und Verkehr, Manfred Vogt. Die HSB hat ein österreichisches Fachbüro damit beauftragt, bis Mitte August ein Konzept zu erarbeiten für den weiteren Betrieb der Bergbahn und gleich-zeitig eine entsprechende Kostenschätzung vorzulegen. "Wir werden die Bergbahn komplett in Ordnung bringen und sie zudem durch einige Änderungen so attraktiv machen, dass auch die Wirtschaftlichkeit gesteigert werden wird", kündigt Vogt an und spricht von einer "völlig neuen Bergbahn, die den historischen Charakter behält und den Kunden ein wesentlich besseres Service-Angebot macht als bisher".
Nach Vogts Vorstellungen soll zunächst die komplette Antriebstechnik der Bergbahn erneuert werden. Die alte, optisch sehr beeindruckende Antriebsanlage soll als Schauobjekt erhalten bleiben. Die historischen hölzernen Wagen müssen weichen; an ihre Stelle sollen im oberen Bergbahn-Bereich Wagen treten, die den geltenden Sicherheitsbestimmungen entsprechen, aber nach dem Vorbild ihrer Vorgänger gebaut werden. Umgebaut wer-den soll die Bahn im Winter, damit im Sommer wieder gefahren werden kann.
Auch für den unteren Bereich der Bahn zwischen Kornmarkt und Molkenkur kündigt Manfred Vogt Änderungen an. Hier soll die Fahrgastkapazität durch größere Wagen erhöht werden; zudem soll in den Stoßzeiten viel öfter als bisher gefahren werden. Gleichzeitig soll der Einstieg in die Bahn behindertengerecht umgebaut werden.
Dass all dies "sehr teuer" werden wird, daraus macht Manfred Vogt keinen Hehl. Er selbst schätzt die Kosten derzeit auf sechs bis sieben Millionen Euro. Allerdings bestehe die Möglichkeit, dass das Land die Umbau-arbeiten finanziell fördern könnte.
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