Rhein-Neckar-Zeitung vom 17.8.2002
 
Die Bergbahn soll wirtschaftlicher werden
 
HSB will die Stationen moderner gestalten - Die neuen Wagen sollen den "historischen Charakter" auf jeden Fall behalten.
Von Rolf Kienle
"Nach 40 Jahren hat man halt neue Erkenntnisse." Die Einsicht klingt vielsagend: Die Heidelberger Straßen- und Bergbahn, HSB, hat große Pläne mit ihrer Bahn auf den Königstuhl. Die Talstation am Kornmarkt, die Schloss-Station und die Molkenkur-Station sollen moderner werden, die Wagen sowieso.
Die Schloss-Station dürfte sicher nicht zu den attraktivsten Bahnhöfen des Landes gehören. Die Beton-Architektur der Station aus den 60er Jahren hat eher den Charme einer tschechischen Obdachlosenunterkunft. Dass hier die meisten der jährlich eine Million Fahrgäste aussteigen, erahnt man nicht. Wer hier ankommt, geht zunächst einige Stufen hinunter zu einer kleinen Plattform, von dort wieder einige Stufen nach oben und schließlich wieder zwei, drei Treppenstufen zum Gehweg hinunter. Hier gucken sich die Touristen dann suchend um und entdecken zwischen den Bäumen ein Stück des Dicken Turmes - dort muss das Schloss sein.
Die Talstation am Kornmarkt ist ebenso wenig einladend: Ein schmuckloser grauer Betonbau, der das griechische Lokal, Parkhaus, Hotel und - auf den zweiten Blick erkennbar - die Bergbahn-Station beherbergt. Die Bauten der beiden Bahnhöfe stammen aus einer Zeit, als man das Funktionale favorisierte. Der HSB geht es inzwischen vor allem darum, "eine höhere Leistungsfähigkeit" zu erreichen. Die Bergbahn soll "wesentlich wirtschaftlicher betrieben werden als bisher", sagte HSB-Vorstand Dr. Manfred Vogt.
HSB-Betriebsleiter Helmut Hanel hat noch keine fertigen Pläne in der Schublade, er ist noch bei der Prüfung des technisch Machbaren, wie er sagte. Beispielsweise bei der Schloss-Station: Er ist sicher, dass man baulich etwas verändern muss. Möglicherweise wird die Station einige Meter nach unten verlegt. Auch bei der Talstation denkt Hanel daran, die Trasse der Bergbahn weiter nach unten zu führen. Größere Umbauten hätte er gern bei der Molkenkur-Station: Dort könnte man die obere Bergbahn 20 Meter weiter nach unten fahren lassen, damit die Fahrgäste von der unteren Bergbahn einen kurzen Umsteigeweg zur oberen haben; die Bahnsteige lägen dann parallel nebeneinander.
Das steht noch auf der Wunschliste der HSB. Ob es technisch wirklich umsetzbar ist, werde sich in Kürze herausstellen. Man ist mit Ingenieuren eines führenden österreichischen Standseilbahnherstellers im Gespräch. Die Stationen könnten mittelfristig, in den nächsten fünf Jahren, umgestaltet werden. Hinter den Umbauplänen steht zum einen die Absicht, wirtschaftlicher zu arbeiten und den Personalbedarf zu halbieren, zum anderen wolle man den Auflagen des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen gerecht werden, wie Hanel sagte. Bisher ist es kaum möglich, eigenständig mit dem Rollstuhl auf den Königstuhl oder auch nur zum Schloss zu fahren. Auch wenn der Personalbestand reduziert wird, die bisherigen Wagenbegleiter soll es auch weiterhin geben. Weitere Automaten in der Talstation und ein anderes Ticketsystem könnten Beschleunigung und damit Kostenersparnis bringen, glaubt der Betriebsleiter.
Kernstück der höheren Wirtschaftlichkeit sind offenbar speziell die längeren Wagen, die man für beide Strecken - die untere wie die obere, die alte Bergbahn - anstrebt, sowie ein schnelleres Tempo. Die Absicht, die Wagen der oberen Bahn durch moderne Wagen zu ersetzen, löste einen Aufschrei aus: Die Heidelberger wollen ihre romantische Bergbahn behalten und keine ICE-Züge. HSB-Chef Vogt gab Entwarnung: "Wir werden den historischen Charakter auf jeden Fall erhalten." Etwas anderes komme nicht in Frage. "Die neuen Wagen sehen wie die alten aus." Den historischen Antrieb in der Königstuhl-Station werde man ebenfalls erhalten; sie laufe weiter mit. "Wir werden sie hegen und pflegen." Zur Sicherheitsfrage sagten Vogt und Hanel: "Die Bergbahn ist sicher." Aber: "Wenn wir nichts tun, wird sie uns irgendwann stillgelegt." Will heißen: Wenn Heidelberg die Hände in den Schoß lege, werde das zuständige Landesamt die Bergbahn eines Tages einstellen.
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