Stuttgarter Zeitung vom 9.8.2002
 
Ohne Brandmelder geht es nicht mehr
 
Freiburger Experte sieht keine Probleme, die Standseilbahn durch eine Nachrüstung zu erhalten  
Bis Ende Juni 2003 muss die Stuttgarter Standseilbahn brandschutztechnisch nachgerüstet sein. Andernfalls wird die Nostalgiebahn stillgelegt Doch selbst bei der Kontrollbehörde hält man dies für unwahrscheinlich.
Von Mathias Bury
Die Feuerkatastrophe im österreichischen Kaprun hat das Thema Brandschutz bei Seilbahnen ins Blickfeld der Experten gerückt. Bis dahin war der Brandschutz zwar beim Bau von Stationsgebäuden bedacht worden, bei technischen Anlagen aber bisher "generell nicht". Der das sagt, muss es wissen: Joachim Schäfer, zuständiger Aufsichtsbeamter für die Seilbahnen beim Landesamt für Geologie, Rohstoff und Bergbau in Freiburg. Der Beleg für diese Einschätzung: keine der 20 Seilbahnen in Baden-Württemberg (acht davon sind Standseilbahnen) hat den Anforderungen einer brandschutztechnischen Sicherheitsanalyse genügt - selbst eine so neue Anlage wie die Standseilbahn in Künzelsau, die erst 1999 in Betrieb gegangen, ist.
Kein Wunder, dass die Stuttgarter Denkmalbahn aus dem Jahr 1929 beim Brandschutz nicht topfit ist. Allerdings: so schlimm wie im Fall der Heidelberger Bergbahn ist die Lage in der Landeshauptstadt nicht (wir haben gestern berichtet). Die Waggons der Stuttgarter Standseilbahn haben laut Joachim Schäfer "keine großen Mängel", Deren Holzaufbau sei "nicht verkehrt - das Holz- braucht ziemlich lange, bis es brennt". Gegenüber dem Bergbähnle in Heidelberg, das schon seit 1905 fährt, ist die Stuttgarter Seilbahn an entschei-denden Stellen moderner und komfortabler. So sind die Türen so breit, dass auch Rollstuhlfahrer die Bahn benutzen können. Vor allem aber: die Bergbahn zwischen Südheimer Platz und Waldfriedhof war die erste überhaupt; die mit automatischem Antrieb lief. Das ist ein sicherheitstechnischer Vorteil. In Heidelberg, wo die Anlage noch manuell von einem Maschinisten in der Bergstation gefahren wird, ist menschliches Versagen, nicht ausgeschlossen.
Aber die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) müssen nachrüsten. Antrieb, Steuerung und Stahlseil liefen so nahe beieinander, dass bei einem Brand in der elektrischen Steuerung zum Beispiel das drei Zentimeter dicke Stahlseil durchbrennen könnte. Einen Brandmelder aber gibt es nicht. "Die Wagenbegleiter würden gar nichts mitkriegen", sagt Joachim Schäfer, "und oben sitzt ja keiner".
Bis Herbst wird per Gutachten geklärt, was an der SSB-Seilbahn erneuert werden muss. "Maximal der Antrieb einschließlich elektrischer Steuerung und Bremsen", schätzt SeiIbahnexperte Schäfer. Dabei könne man den alten Antrieb "als Museumsteil" erhalten. Technisch sei das alles kein Problem. "Es ist ja nicht so, dass noch nie eine Seilbahn restauriert worden wäre", sagt Schäfer, "In der Schweiz gibt es dutzende davon."
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