Sindelfinger Zeitung / Böblinger Zeitung vom 7.12.2002
 
Seilbahn droht im März das Seil zu reißen
 
Nachrüstung für drei Millionen Euro trotz hoher jährlicher Zuschüsse?
Am 11. März des kommenden Jahres soll in der Aufsichtsratssitzung der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) entschieden werden, ob die Standseilbahn zwischen dem Südheimer Platz und dem Waldfriedhof endgültig aus den Gleisen gehoben wird.
VON CLAUS HAUENSCHILD
Seit dem verheerenden Seilbahnbrand am Kitzsteinhorn bei Kaprun dürfen die Aufsichtsbehörden für Bergbah-nen kein Auge mehr zudrücken. Folgerichtig hat die in Baden-Württemberg zuständige Stelle, das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau - das frühere Bergamt - in Freiburg die Betriebserlaubnis für die Stuttgarter Seilbahn bis zum 30. Juni 2003 befristet. Die 73 Jahre alte Bahn entspreche nicht mehr dem Stand der Tech-nik. Der sei nur durch einen neuen Antrieb mit neuen Bremsen, neuen elektrischen Einrichtungen und neuen oder zumindest sanierten Fahrzeugen zu erreichen. Man ist geneigt zu fragen, warum denn dann die Bahn in all den Jahren bei dieser Behörde so problemlos ihren ¸¸Tüv-Test'' bestanden hat. Noch im August hatte der Leiter der SSB-Werkstätten für Schienenfahrzeuge, Thomas Moser, darauf Wert gelegt, dass die SSB stolz auf die Denkmalbahn seien und man eventuelle Auflagen erfüllen werde, und zwar so, dass das äußere Erscheinungs-bild gewahrt werde.
Die von den SSB dem Bergbahn-Tüv in Freiburg vorgeschlagenen Maßnahmen kosten nach ersten Schätzun-gen drei Millionen Euro. In der jüngsten Aufsichtsratssitzung der SSB wurde dieser Betrag auch im Zusammen-hang mit dem Zuschussbedarf diskutiert: 900 000 Mark im Jahr 2001. Beides zusammen gefährde die schon im Gang befindliche Neuordnung der SSB.
Die im Aufsichtsrat vertretenen Gemeinderatsmitglieder reagierten unterschiedlich. Während der CDU-Vertreter zu bedenken gab, ob man sich angesichts der Kürzungen im Sozialbereich die Nostalgie noch leisten könne, forderten Grüne und SPD Besonnenheit ein. Michael Föll, Chef der CDU-Rathausfraktion, will das Thema nach dem Jahreswechsel in seiner Fraktion diskutieren. Betriebswirtschaflich spreche einiges für die Stilllegung, alte Stuttgarter aber dächten da anders. Er selber sieht die Bahn als ein Unikum, das zu den schönen Seiten der Stadt zähle. Manfred Kanzleiter, Chef der SPD-Fraktion, setzt sich vehement für die Bahn ein: ¸¸Die SSB sollen die Seilbahn besser vermarkten, denn sie hat einen hohen Stellenwert für das Stadtimage.''
Thomas Moser hofft auf Finanzierung auch von dritter Seite und auf eine genaue Ermittlung der Kosten. Wört-lich: ¸¸Wir würden die Bahn gern erhalten.'' Fest steht indes, dass die Bahn an Werktagen rund 180 Personen befördert, samstags 400 und sonntags 600, insgesamt 110 000 im Jahr 2001. Die Standseilbahn ist im Lei-stungsangebot des Nahverkehrsplans von 1999 enthalten.
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