Eßlinger Zeitung vom 2.1.2003 |
Der Seilbahn droht die Stilllegung |
Betriebserlaubnis bis Juni 2003 befristet - Im März entscheidet Aufsichtsrat über Zukunft |
Stuttgart
(eh) - Einer Stuttgarter Attraktion droht das Aus: Am 11. März entscheidet
der Aufsichtsrat der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB), ob der
zwischen dem Südheimer Platz und dem Waldfriedhof verkehren-den Standseilbahn
das Seil gekappt wird. Grund der Überlegungen sind Brandschutz-auflagen,
die Kosten in Höhe von drei Millionen Euro verursachen. |
Die
Hiobsbotschaft erreichte die SSB bereits im Sommer vergangenen Jahres:
Die Europäische Union hat als Folge des schweren Seilbahnbrandes
am Kitzsteinhorn in Kaprun/Österreich die Sicherheitsbestimmungen
verschärft und die zuständigen Landesbehörden zum härteren
Durchgreifen aufgefordert. Folgerichtig meldete sich das baden-württembergische
Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau bei den Betreibern
der Stuttgarter Denkmalbahn. Die Freiburger legten eine umfangreiche Mängelliste
vor. Ihre Hauptkritikpunkte: Die Seilbahn entspreche nicht den heutigen
technischen Anforderungen, sie verfüge weder über Brandmelder
noch über eine elektrische Steuerung, die die Bahn im Falle eines
Seilbrandes automatisch stoppe. Außerdem liege die Mechanik und
das Seil so dicht beieinander, dass sich ein Feuer schnell und vom Fahrer
unbemerkt entfachen könne. Bis zum 30. Juni 2003, forderten die Prüfer,
seien die Mängel abzustellen - sonst werde die Betriebserlaubnis
nicht verlängert. |
Alles
in allem, so haben die SSB-Verantwortlichen überschlagen, würden
die geforderten Umrüstungen mit Kosten in Höhe von mindestens
drei Millionen Euro zu Buche schlagen. War man im Sommer noch geneigt,
diese Summe aufzubringen, so steht die Ausgabe nun auf dem Prüfstand.
"Natürlich müssen wir kritisch hinter-fragen, ob sich die
Investition rechnet", erklärt SSB-Sprecherin Susanne Schupp.
Denn das jährliche Defizit von etwa 450 000 Euro bei durchschnittlich
110 000 Fahrgästen seien schließlich kein Pappenstiel. Im März
soll den Aufsichtsräten jede Menge Papier vorgelegt werden - "eine
genaue Auflistung, was gemacht werden muss, was das kostet und wo man
vielleicht noch sparen kann", erklärt Schupp. Darüber hinaus
sollen auch Alterna-tiven dargestellt werden - "wie man den Waldfriedhof
beispielsweise mit Bussen bedienen kann und was das dann kosten würde".
In jener Sitzung aber wird es nicht nur um harte Fakten und Zahlen gehen,
sondern auch um Emotionen. Obgleich aus betriebswirtschaftlicher Sicht
vieles für die Stilllegung spricht, kämpfen einige der im Aufsichtsrat
vertretenen Gemeinderäte für das "Kleinod Stuttgarter Technikgeschichte".
SPD-Fraktionsvor-sitzender Manfred Kanzleiter fordert SSB und Oberbürgermeister
Wolfgang Schuster auf, " alles Erdenkliche zu unternehmen, die Standseilbahn
mit ihrem historischen Ambiente zu erhalten". Man habe Stuttgart
Marketing gebeten zu prüfen, wie sie die Bahn in ihr Tourismuskonzept
einbinden könne. "Auch die Übernahme durch einen Verein
wäre denkbar." |
Die
hölzerne Seilbahn rattert bereits seit 1929 den steilen Hang zum
Waldfriedhof hinauf - und das unfallfrei. Auf ihrer 536 Meter langen Strecke
überwindet sie 86 Höhenmeter. |
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