Rhein-Neckar-Zeitung vom 17.07.2003

Im Juni 2004 soll die Bergbahn wieder fahren

Bis dahin haben Berghotel und Märchenparadies eine lange Durststrecke zu verkraften - CDU fordert Shuttle-Busse auf den Königstuhl

Traumhafter Ausblick, aber gähnende
Leere auf dem Königstuhl. Das Berghotel
klagt, seitdem die Bergbahn nicht mehr
fährt, über Umsatzeinbußen von 80
Prozent. Foto: Kresin

Von Alexander Wenisch

Sensationen eröffnen sich manchmal wie nebenbei. "Die komplette Bergbahn soll im Juni 2004 wieder fahren." Kristina Essig, CDU-Stadträtin und Mitglied des HVV-Aufsichtsrats enthüllte die gute Nachricht für alle Freunde der im April aus Sicherheitsgründen still gelegten Touristenattraktion.
Bereits im August werde der obere Teil der Bergbahn abgebaut und restauriert; im Herbst soll der Abschnitt zwischen Talstation und Molkenkur folgen, informierte Essig über die Pläne. "Im nächsten Sommer soll dann die ganze Bahn wieder fahren."
Wolfgang Mouhlen, Betreiber des Märchenparadieses, und Frank Raasch (Berghotel) haben die Neuigkeit freudig vernommen - allein an ihrer aktuellen Situation ändert dies nichts. Die beiden Gewerbetreibenden auf dem Königstuhl stecken in einer misslichen Lage, die sich am deutlichsten auf der Terrasse des Berghotels zeigt. Hochsommerliche Temperaturen, kein Wölkchen am Himmel, der Blick reicht bis in die Pfalz hinüber: Ein herrliches Panorama über der Ebene und im Hintergrund rauscht der kühle Wald. Eigentlich müsste hier kein Platz mehr zu bekommen sein. Eigentlich. Tatsächlich hat sich an diesem Montag kein Dutzend Gäste hierher verirrt.
Seit Ende April ist das so. Mit der Stilllegung der oberen Bergbahn fehlen die Tagestouristen auf dem Heidelberger Hausberg. Kamen mit dem antiquierten Gefährt zur Hochsaison täglich bis zu 120 Gäste pro Stunde, findet heute nur noch ein Bruchteil von ihnen den Weg nach oben. Den beiden Gewerbetreibenden fehlen die Gäste. Raasch klagt über Umsatzeinbußen von bis zu 80 Prozent an Wochentagen, im Märchenparadies liegen die Verlust "nur" zwischen 15 und 20 Prozent. Raasch und Mouhlen plagen Zukunftsängste, denn die Zeit bis Juni 2004 ist lang.
Die beiden Unternehmer suchen nach Maßnahmen, die ihr stotterndes Geschäft schnell wieder zum Laufen bringen. Zumal Raasch mit seinem Geschäftspartner Lutz Tauchert "das über Jahre herunter gewirtschaftete Haus" (Raasch) erst im Januar 2002 übernommen und 250 000 Euro in die Renovierung investiert hatte. "Der schlechte Ruf, der über dem Haus lag, hat sich gerade gebessert", sagt der neue Betreiber.
Doch Unterstützung in ihrer Situation naht in Form der CDU-Gemeinderatsfraktion, die nicht nur Solidarität bekundend ihre Fraktionssitzung im Berghotel veranstaltete, sondern auch einen Weg aus der Krise sucht. Der führt nach Ansicht der Betroffenen wiederum über die HSB.
Seit die obere Bergbahn ruht, bietet das Verkehrsunternehmen ein Ruftaxi ab Molkenkur als Ersatz. Doch eine wirkliche Alternative scheint dieses nicht darzustellen. Das Taxi fährt einmal pro Stunde und muss 30 Minuten vor Fahrtbeginn telefonisch angefordert werden. "Viel zu unattraktiv und umständlich für Touristen", befindet Mouhlen. CDU-Fraktionsvorsitzender Jan Gradel hat sich ohnehin von der HSB "mehr Fantasie" gewünscht. "Ich dachte, es könnte zumindest ein Oldtimer-Bus als Ersatz für die alte Bergbahn eingesetzt werden." Das Ruftaxi sei "ein Schuss in den Ofen", so Gradel, denn es wurde, das hat der Landtagsabgeordnete Werner Pfisterer recherchiert, bisher erst zwei Mal benutzt. Wenn HSB-Busse dagegen am Wochenende in höherer Frequenz (alle 20 Minuten) zwischen Molkenkur und Königstuhl pendeln, würden auch die Besucherzahlen ansteigen, berichtet Frank Raasch.
Konsequenz aus dieser Beobachtung: Die beiden Gewerbetreibenden fordern unisono mit der CDU einen Shuttle-Bus ab Molkenkur, möglichst im 10-Minuten-Takt und vor allem auch an Wochentagen. Doch der HSB, sagen die Christdemokraten, sei dies wohl zu teuer. Allein: CDU-Stadtrat Hubert Laschitza, ebenfalls Mitglied im HVV-Aufsichtsrat, hält dagegen: "Die HSB fährt so viele Schulden ein, da kommt es darauf auch nicht an." Zudem wurde überlegt, ob nicht bis zur kompletten Wiedereröffnung der Bergbahn Touristenbusse auf den Berg fahren dürfen - dies ist bislang untersagt. Kurzfristig, fürchten Mouhlen und Raasch, würde dies keine Verbesserung bringen, weil die Busunternehmen schon lange ihre Touren geplant hätten.
Zudem benötige der Königstuhl, darin waren sich alle einig, eine Image-Kampagne. Der Berg müsse als Heidelbergs Naherholungsgebiet Nummer 1 beworben werden. Langfristig schwebt Umweltdezernent Eckart Würzner vor, das Gebiet als Teil des Europäischen Biosphärenparks aufzuwerten.
Raasch hat seinerseits Initiative ergriffen und will Greifvögel auf dem Königstuhl ansiedeln. Eine Maßnahme, die noch der Genehmigung bedarf, für die hohe Auflagen bestünden und, so Würzner, gegen die es "größte Bedenken von Seiten des Naturschutzes gibt".
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