Rhein-Neckar-Zeitung vom 2.04.2003

Endlich: Startschuss für die "Pannen-Bahn"

Zuvor erregte aber der Austausch der Bordcomputer bei der HSB die Gemüter - Geschätzte Mehrkosten: 400000 Euro

Mussten vor dem Start umgebaut werden:
Die neuen Niederflurwagen der HSB.
Nachdem die Bordcomputer ausgewechselt wurden,
gehen sie jetzt ab Freitag auf das Straßenbahnnetz.
Foto: Kresin

Von Karl-Horst Möhl

Die neue "Variobahn" der HSB müsste nach ihrer bisherigen Geschichte in "Pannen-Bahn" umbenannt werden. Erst musste die HSB von der Bestellung bis zur Lieferung fast vier Jahre auf die neuen Niederflurwagen warten, und jetzt wurden noch vor dem offiziellen Startschuss für teures Geld die Bordcomputer ausgewechselt.

Schon am 18. Oktober 2002 wurde das erste Fahrzeug der neuesten Straßenbahn-Generation bei der Heidelberger Straßen- und Bergbahn (HSB) auf die Gleise gesetzt. Zurzeit finden die ersten Test-Fahrten statt, doch erst am kommenden Freitag wird dann endlich der offizielle Startschuss für die "Variobahn" gegeben. Grund für die Verzögerung: Die neu gelieferten Straßenbahnen werden umgebaut, um genauer zu sein, sie erhalten einen neuen Rechner - seit Monaten unter der Hand Gesprächsstoff bei der HSB und immer mit der Bemerkung "ein heißes Eisen" versehen. Dabei schien mit der Bestellung alles geregelt zu sein.

Die fünf Verkehrsbetriebe mit Straßenbahnnetz im Rhein-Neckar-Raum (VBL, Ludwigshafen; RHB, Rhein-Haardt-Bahn; MVV-Verkehrs AG; MVV-OEG und die HSB) einigten sich Ende der 90er Jahre mit der "Variobahn" auf einen modernen Niederflurwagen. So ist es zu lesen im neuen Buch von Frank Muth "Straßenbahnen in Heidelberg, 100 Jahre Blau-Weiße in der Neckarstadt". Weiter heißt es da: "Durch die höhere Stückzahl werden bei der Bestellung Kosten gespart, zudem gestaltet sich die Wartung eines einheitlichen Typs in der Mannheimer Zentralwerkstatt effizienter", zumal sich bereits Arbeitsgruppen gebildet hätten, "um ein Strukturmodell der regionalen Zusammenarbeit im ÖPNV des Rhein-Neckar-Raums zu gestalten und sich auf das weitere Verfahren zur Allianzbildung zu einigen. Auswirkungen auf die HSB sind noch nicht abzusehen".

Die Realität sieht nicht ganz so rosig aus. Noch kann die HSB in ihre Bahnen einbauen, was sie selbst will, auch wenn das in den anderen Verkehrsbetrieben bedauert wird. Doch zu den Rechnern: Fahrbereit geliefert wurden die Bahnen mit Computern der Siemens-Tochter Haeni. Diese erkennen unter anderem die Strecke, melden an Ampeln Vorrang an, sind für die Anzeige im Wagen verantwortlich und liefern den Fahrscheindruckern (auch anderen Fabrikaten) Informationen, wann die nächste Bahn kommt, im günstigsten Fall teilen sie dies auch noch den Anzeigetafeln im Hauptbahnhof mit.

Jetzt wurden die Haeni-Computer nach einem HSB-Vorstandsbeschluss gegen weniger komfortable Modelle der Firma Init ersetzt. Da es in Heidelberg keine Wendeschleifen gibt, verfügt der Fuhrpark nur über Zweirichtungsfahrzeuge mit entsprechend zwei Fahrerplätzen. Die Zweirichtungsfähigkeit kann angeblich nur durch ein erneutes Programmieren hergestellt werden, bei Sonderfahrten entfällt die automatische Weichenstellung, ein aushilfsweiser Einsatz in Mannheim ist nicht möglich. Außerdem zieht der Umbau natürlich auch einen Umbau des Armaturenbretts in den HSB-Werkstätten nach sich. Das könnte sicher alles noch hingenommen werden, wenn der Austausch der Rechner nicht Kosten von rund 400 000 Euro verursachen würde. Daher wurde der Umbau vom Betriebsrat abgelehnt.

Offiziell sei der Vorgang aber gar nicht vom Aufsichtsrat behandelt worden, heißt es, da HSB-Chef Manfred Vogt Handlungsvollmacht bis zu 500 000 Euro habe. Vogt versicherte seinerseits, dass die mit Haeni-Rechner gelieferten Fahrzeuge nicht im HSB-Netz hätten eingesetzt werden können, ein Umbau der neuen Fahrzeuge also auf jeden Fall unverzichtbar gewesen wäre

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