Mit der freundlichen Genehmigung des Vereins deutscher Ingenieure (www.vdi.de) veröffentlichen wir hier einen Artikel des Mannheimer Ingenieurs A.Schmidt aus dem Jahre 1908:
 

Die Bergbahn Heidelberg.[1]
Von Ingenieur A. Schmidt, Mannheim.

Bahnbau.
Betriebsmittel.
Antriebvorrichtungen.
Elektrische Einrichtungen.
Betriebsergebnisse.
 
Bekanntlich besteht in Heidelberg schon seit dem Jahr 1890 eine von der Heidelberger Straßen- und Bergbahn-A.-G. erbaute Drahtseilbahn von der Stadt nach dem Schloß und darüber hinaus nach dem Molkenkur benannten Aussichtspunkte. Die günstigen Ergebnisse der Bahn sowohl hinsichtlich der Sicherheit des Betriebes wie der Benutzung durch das Publikum und damit auch der Rentabilität ließen gar bald den Gedanken entstehen, die Bahn nach dem gleichfalls sehr besuchten höchsten Punkte Heidelbergs, dem Königstuhl, zu verlängern.

Vorarbeiten nach dieser Richtung wurden schon früh unternommen; jedoch gab erst die neuerdings in Aufnahme gekommene Ausübung des Wintersports in der Umgegend von Heidelberg neben der Errichtung eines Elektrizitätswerkes Veranlassung, dem Plan ernstlich näher zu treten; denn diese beiden Umstände waren auf Verkehr wie Betriebskosten von günstigem Einfluß. Schließlich wurde im Frühjahr 1905 der Bau endgültig beschlossen und die Ausführung der mechanischen und elektrischen Betriebsmittel der Firma Brown, Boveri & Co., Mannheim, übertragen, die ihrerseits mit den L. von Rollschen Eisenwerken in Bern wegen Ausführung des mechanischen Teiles in Verbindung trat, da beide Firmen zusammen in der Schweiz eine Reihe von Bergbahnen mit Erfolg erbaut hatten.

Der Entschluß, die neue Bahn mit Elektrizität zu betreiben, hatte die naheliegende Folge, auch die alte Bahn, d. h. die Strecke Heidelberg-Molkenkur, für elektrischen Betrieb um­zubauen, da sich die Vorteile dieses Betriebes dann besonders günstig und mit verhältnismäßig geringeren Kosten ausnutzen ließen. Auf dieser Grundlage wurde der endgültige Entwurf ausgearbeitet und im Sommer 1905 mit dem Bahnbau begonnen. Das Stationsgebäude auf dem Königstuhl wurde im September 1906 fertiggestellt. Im Oktober 1906 wurde dann mit dem Umbau der Molkenkurstation begonnen, der infolge des harten Winters und der schwierigen Gründungsarbeiten erst im Februar 1907 soweit gediehen war, daß mit dem Einbau der Maschinen und der elektrischen Einrichtung begonnen werden konnte. Die untere Bahnlinie war Ostern 1907 betriebsfertig und wurde am 13. April der öffentlichen Benutzung übergeben; die obere Bahn kam erst am 28. Mai in Betrieb.

Eine der wichtigsten Fragen, die für die neue Bahn zu lösen waren, betraf die Wahl der Betriebskraft. Bei der alten Bahn Heidelberg-Molkenkur wird der obere Wagen mit Wasser solange belastet, bis er das nötige Uebergewicht erreicht hat, um den unten befindlichen Wagen heraufzuziehen; beide Wagen sind durch ein Seil verbunden, das im oberen Endpunkt der Bahn um eine Rolle läuft. Da sich diese Betriebsweise in jeder Beziehung als zweckentsprechend erwiesen hatte, obwohl das Wasser immer wieder nach der Molkenkur hinaufgepumpt werden mußte, weil dort nicht genügend natürliches Wasser vorhanden ist, so wurde natürlich in Erwägung gezogen, auch die neue Bahn in derselben Weise zu betreiben. Indes hat man zugunsten des elektri­schen Betriebes davon abgesehen, da dieser sich doch wesentlich billiger stellt und ferner, was sehr wichtig ist, den Betrieb auch im Winter gestattet; überdies gewährt er größere Betriebsicherheit und läßt auch größere Fahrgeschwindigkeit zu, die wieder eine größere Anzahl von Fahrten gestattet und damit die Rentabilität günstig beeinflußt.
Die Bahn in ihrer neuen Ausdehnung zerfällt in zwei vollständig getrennte Teilstrecken, von denen die eine von Heidelberg bis zur Molkenkur reicht, die zweite sich von der Molkenkur bis zum Königstuhl erstreckt, so daß also auf der Molkenkurstation umgestiegen werden muß, um nach dem Königstuhl zu gelangen. Diese Teilung hat, obwohl vielfach angefochten, ihre guten Gründe. Zunächst war für die neue Bahn das wesentlich billigere Zweischienensystem an Stelle des Dreischienensystemes der alten Bahn in Aussicht genommen, was bei einer einfachen Weiterführung der Bahn nicht möglich gewesen wäre; ferner gestattete die Teilung, mehr Fahrten in der gleichen Zeit zu machen, weil ja von jedem Wagen nur eine Teilstrecke und nicht die ganze Länge von Heidelberg bis Königstuhl durchlaufen werden muß; drittens wird der Besuch der unteren Bahn stärker sein, und man kann sich nunmehr mit dem Betrieb der oberen Bahn durch Vermehrung oder Verminderung der Fahrten auf leichte Weise dem Bedürfnis anpassen, vermeidet also Fahrten mit unbesetzten Wagen.

Gegenüber diesen Vorteilen mußten die Nachteile des Umsteigens und der Einrichtung von zwei Betriebstationen mit Ausrüstung und Bedienungsmannschaft zurücktreten. Die Bahn ist auch jetzt noch nach dem Umbau für den elektrischen Betrieb eine reine Seilbahn; je zwei Wagen sind an einem Seile befestigt, das auf der oberen Station jeder Strecke unter Zuhülfenahme von Leitrollen mehreremale um eine Reibrolle geschlungen ist, welche durch ein Windwerk umgetrieben wird. Als Triebkraft dient ein Elektromotor, der das Windwerk mittels Riemens antreibt.

Bahnbau.

Der Bahnbau soll hauptsächlich mit Rücksicht auf die obere Bahn beschrieben werden; von der alten Bahn soll nur soviel erwähnt werden, wie zum Vergleich der beiden Arten notwendig erscheint.
 
Die gewählte Linienführung ist aus Fig. 1 ersichtlich. Am Anfang und am Ende der Bahn waren 2 Einschnitte er­forderlich, die aus dem bunten Sandstein ausgesprengt werden mußten und erheblichen Aufwand an Zeit und Kosten verursacht haben. An Kunstbauten sind, abgesehen von den Böschungen an den Einschnitten, die größtenteils als Trocken­mauerwerk ausgeführt sind, zwei Brücken errichtet worden, von denen die obere als Bogenbrücke in Bruchstein, die untere als Eisenbetonbrücke ausgeführt ist.
 
Fig.1
Lageplan.
(88kb)
 
Das Längsprofil ist in Fig. 2 dargestellt. Die geringste Steigung beträgt 22 vH, die größte kurz vor der oberen Station 41 vH, die Länge der Linie 1022 m, der Höhenunterschied zwischen beiden Stationen insgesamt 263,4 m; der Endpunkt der Bahn liegt auf rd. 560 m Meereshöhe, während der höchste Punkt des Königstuhles — der Aussichtsturm — auf rd. 590 m liegt.
 
Fig. 2
Längenprofil der Strecke Molkenkur - Königstuhl
(33kb)
 
Des Vergleiches wegen ist in Fig. 3 auch das Längsprofil der unteren Bahn beigefügt, das nicht nur größere Steigungen zeigt, sondern auch dauernd in diesen hohen Steigungen verläuft; denn bei nur 488 m Bahnlänge beträgt der überwundene Höhenunterschied rd. 164 m.
 
Fig. 3. Längenprofil der Strecke Heidelberg - Molkenkur (97kb)
 
Fig. 4. Ansicht der alten Strecke (114kb)
 

Der wichtigste Unterschied in der Ausbildung des Bahnkörpers der neuen Bahn gegenüber der alten liegt darin, daß sie nur 2 Schienen und keine Zahnstange hat, gegenüber 3 Schienen und 2 Zahnstangen, Fig. 4, der alten Strecke; es liegt das im Unterschiede der Bahnsysteme (s. weiter unten). Dadurch wird natürlich der Unterbau schmaler und wesentlich billiger, was bei den meist sehr großen Kosten, die der Unterbau bei Bergbahnen verschlingt, von Bedeutung ist. Aus den Querprofilen, Fig. 5 und 6, ist die Ausführung des Bahnkörpers zu ersehen. Um das Rutschen des ganzen Unterbaues, insbesondere des Schotterbettes, zu vermeiden, sind in Entfernungen von 50 bis 60 m Betonklötze eingelassen.

 
Fig. 5. Querprofile (43kb)
 
Fig. 6. Querprofile (31kb)
 

Die Spurweite beträgt 1 m. Die Schwel­len sind die üblichen eisernen Eisenbahnschwellen; sie liegen in 960 mm Abstand. Die 10 m langen Schienen aus Flußstahl mit keilförmigem Kopf, Fig. 7 und 8, wiegen 268 kg/m; sie sind 126 mm hoch, im Fuß 98 und im Kopf 46 mm breit.

 
Fig. 7. Schienenstoß (20kb)
 
Fig. 8. Schnitt durch den Stoß (12kb)
 

Schienenneigung nach innen ist nicht vorhanden. Die Bettung besteht aus Porphyrschotter von rd. 50 mm Steingröße und ist 300 mm stark.

 
Fig.9.Seiltragrollen.Anordnung in geraden Strecken.Querschnitt (18kb)
 
Fig.10.Seiltragrollen.Anordnung in geraden Strecken.Längsschnitt (15kb)
 
Fig.11.Seiltragrollen.Anordnung in gekrümmten Strecken.Querschnitt (19kb)
 

Die Seiltragrollen sind zwischen je 2 Schwellen befestigt, Fig. 9 bis [10] 11, und zwar mit Flacheisen, auf denen die Lager für die Rollenachsen sitzen. In Kurven sind die Rollen unter einem Winkel von etwa 57° schräg gestellt. Die Rollen drehen sich auf ihren Achsen und werden mit starrem Fett geschmiert, für das im mittleren Teil der Rolle ein Raum vorgesehen ist. Die aus der Fig. 11 ersichtliche Zerlegung der Rollen in 3 Teile ist vorgenommen, um insbesondere die Rille, die sich am raschesten abnutzt, leicht ersetzen zu können. In den geraden Strecken liegen die Rollen für das aufwärts und das abwärts gehende Trum nahe beieinander und haben eine gemeinsame Achse; in den Kurven hat dagegen jede Rolle ihre eigene Achse. Der Rollenabstand beträgt in den geraden Strecken 11 m, um Resonanzerschei­nungen in den Seilschwingungen, die sowohl an einem Schienenstoß wie beim Auf- und Ablaufen von einer Rolle entstehen, zu vermeiden.

 

Der bemerkenswerteste Teil des Oberbaues ist die Weiche. Da das Zugseil etwa in Höhe des Schienenkopfes verläuft, so ist eine gewöhnliche Zungenweiche nicht anwendbar, weil sich Zunge und Seil schneiden würden. Um dies zu verhüten, ist bei der Ausführung der Gießerei Bern die Zunge durch eine Leitschiene ersetzt, die, wie Fig. 12 zeigt, aus zwei Teilen so zusammengestellt ist, daß ein Zwischenraum bleibt, durch den das Seil hindurchtreten kann. Damit nun aber das Wagenrad diese unterbrochene Führschiene überschreiten kann, darf es nicht in der üblichen Weise ausgebildet sein; es muß vielmehr die Form einer Trommel ohne Spurkranz haben. Natürlich braucht nur je eines der beiden Räder einer Wagenachse in dieser Weise gestaltet zu sein, und zwar das innen laufende, während das andre der sicheren Führung wegen 2 Spurkränze hat.

 
Fig.12.Weiche mit Leitschienen.(55kb)
 

Die größte Entfernung der beiden Gleise in der Weiche beträgt 3,2 m. Die Konstruktion der Weiche in Verbindung mit der des Wagens ermöglicht eben die Ausführung mit zwei Schienen und ist zusammen mit den Bremseinrichtungen für das ganze System bezeichnend.

 

[ Betriebsmittel. ]

 

Von den Betriebsmitteln ist zunächst zu erwähnen, daß für jede der beiden Teilstrecken 2 Wagen vorhanden sind, von denen auch wieder nur die für die neue Strecke näher beschrieben werden sollen.

 

Das Wagenuntergestell besteht aus einem kräftigen, aus Eisen gebildeten Rahmen, an dem ohne Federung die Achsbüchsen befestigt sind, und der die Bremseinrichtungen und den Oberkasten trägt. Die Bremsung, d. h. die Feststellung des Wagens an einer belie­bigen Stelle der Bahn, erfolgt in der Weise, Fig. 13 bis [14 ] 15, daß der keil­förmige Kopf der Schiene von einer am Wagengestell befestigten Zange fest umfaßt wird. Bedient wird die Bremse entweder durch den Schaffner mittels einer auf der vorderen Plattform an­gebrachten Handkurbel, oder sie wirkt selbsttätig im Fall eines Seilbruches, oder endlich der Schaffner kann durch Niedertreten eines Fußtrittes eine Notbremsung einleiten.

 
Fig.13.Wagenuntergestell.Längsschnitt. (40kb)
 
Fig.14.Wagenuntergestell.Querschnitt (12kb)
 
Fig.15.Wagenuntergestell.Draufsicht (51kb)
 

Es sind, wie Fig. 13, 14 und 15 zeigen, 3 Zangen vorhanden, von denen die am weitesten rechts gelegene mit der Handkurbel bedient wird, während die beiden andern entweder als Notbremse oder selbsttätig wirken. In beiden Fällen beruht die Wirkung darauf, daß den Gewichten c und c1 die Unterstützung entzogen wird; beim Herunterfallen drehen sie die Wellen d bezw. d1 und bringen mit Hülfe der Muffe e, die einen schraubenförmig verlaufenden Einschnitt hat, in dem das Ende des Hebels f geführt wird, die Kupplung g zum Eingriff. Diese überträgt mittels der Räder h und k und einer Kette die Drehbewegung auf die Welle r, durch deren Muttergewinde die oberen Zangenenden s und t auseinander getrieben und damit die Zange geschlossen wird. Zur Vermeidung von Stößen wird die Drehbewegung des Bades k unter Einschaltung einer Federschraubenkupplung auf die Welle r übertragen.

 

Das Gewicht c1 wird seines Stützpunktes dadurch beraubt, daß der Hebel y weggezogen wird. Die Zugvorrichtung steht durch den Hebel w in Verbindung mit dem schon genannten Fußtritt für die Notbremsung. In ähnlicher Weise wird die selbsttätige Bremsung bei einem Seilbruch erzielt. Das Seil ist nämlich mit dem einen Schenkel des Winkelhebels a, a verbunden, dessen andrer, längerer Hebel nasenartig ausgebildet ist und den Stützpunkt für das Gewicht c abgibt; reißt also das Seil oder wird es nur schlaff, so drückt das Gewicht c die Nase des Hebels a weg und fällt herunter. Die beiden Wellen d und d1 der Gewichte c und c1 sind durch Zugstangen so miteinander verbunden, daß, falls die selbsttätige Bremsvorrichtung ausgelöst wird, auch die Notbremsung mit betätigt wird und umgekehrt, so daß also stets 2 Zangen den Wagen festhalten. Damit die Schienen sich nicht etwa infolge der Bremswirkung heben, sind an den beiden Zangen der Notbremse und der selbsttätigen Bremse Druckstücke q angebracht, welche sich gegen die Schienen stemmen und sie am Ausbiegen hindern.

 

Die Handbremse kann von jedem der beiden Führer­stände aus angezogen werden.

 

Wie rasch die Bremsen wirken, hat ein Versuch gezeigt, bei dem der auf einer schiefen Ebene aufgestellte Wagen von seinem Zugseile losgelöst wurde, so daß er sich frei abwärts bewegen konnte. Der Wagen wurde jedesmal nach einem Wege von nur 70 bis 80 cm festgestellt.

 
Fig.16.Personenwagen.Längsschnitt (111kb)
 
Fig.17.Personenwagen.Querschnitt (33kb)
 
Fig.18.Personenwagen.Draufsicht (66kb)
 

Der Wagenkasten, den die Firma H. Fuchs Waggon­fabrik A.-G., Heidelberg, geliefert hat, Fig. 16 [17] bis 18, ist wie üblich treppenförmig aufgebaut, so daß die Sitze bei der mittleren Steigung von 36 vH wagerecht liegen. Er ist in zwei geschlossene Abteile für je 10 Sitzplätze und zwei offene für je 15 Stehplätze hinten und vorn eingeteilt; in dem vorderen Abteile sind aufklappbare Sitze angebracht, mittels deren hier an Stelle von 15 Stehplätzen 10 Sitzplätze geschaffen werden können. Der Wagen kann also 50 Personen aufnehmen. An den beiden Kopfseiten befinden sich die Führerstände; die Türen zu den 4 Abteilen können vom Führerstand aus verriegelt werden, so daß sie während der Fahrt von den Insassen nicht geöffnet werden können. Beachtens­wert ist, daß zu beiden Seiten des Wagens Türen angeordnet sind, so daß von der einen Seite hineingestiegen und nach der ändern Seite ausgestiegen werden kann, wodurch sich die Entleerung und Besetzung des Wagens sehr rasch vollzieht, was für den Massenverkehr an Sonn- und Feiertagen von großer Bedeutung ist. Die Möglichkeit, von beiden Seiten an den Wagen heranzukommen, ist gleichfalls einer der wichtigen Vorteile des Zweischienensystemes, denn bei den Wagen der alten Bahn kann jeweils nur nach einer Seite hin ausgestiegen werden, weil ja auf der andern Seite des Wagens sich die dritte Schiene befindet, was ein Blick auf die obere Station der Strecke Heidelberg - Molkenkur, Fig. 24, anschaulich zeigt. (Der Vorteil einer raschen Entleerung und Besetzung der Wagen ist so groß, daß gerade dieser Umstand die hauptsächlichste Veranlassung war, auch die untere alte Strecke im März 1908 für das Zweischienensystem umzubauen.) Das Eigengewicht des Wagenuntergestelles nebst Kasten beträgt rd. 7 t.

 

Sämtliche Abteile werden elektrisch beleuchtet. Der Strom hierfür wird aus einer besondern, an Auslegern angebrachten Oberleitung entnommen. Diese Art der Stromabnahme für Beleuchtung ist zwar verhältnismäßig sehr teuer, hat jedoch gegenüber allen andern den Vorteil der Betriebsicherheit und geringer Unterhaltungskosten.

 

Das von Felten & Guilleaume-Lahmeyer-Werke in Mülheim a. Rh. gelieferte Zugseil, ein Stahldrahtseil mit Hanfseele, hat 30,8 mm Dmr. und besteht aus 6 Litzen mit je 8 Drähten von etwa 2,6 mm Dmr, und 7 Drähten von etwa 1,2 mm Dmr. Bei einer Länge von rd. 1050 m wiegt es 3,8 kg/m und hat rd. 4000 kg Bruchfestigkeit.

 
Fig.19.Zugkraftkurve für die obere Bahn. (14kb)
 
Fig.20.Zugkraftkurve für die untere Bahn. (18kb)
 
Fig. 19 zeigt die von der Gießerei Bern theoretisch berechnete Zugkraftkurve für die obere Bahn, Fig. 20 diejenige für die untere Bahn. Die obere Linie gibt in beiden Figuren die Kraft an, die nötig ist, um den vollen Wagen herauf zu ziehen, die untere die Kraft, welche an das Triebwerk abgegeben wird, wenn der volle Wagen hinunterfährt; die eingeschlossene untere Fläche entspricht also der Energie, die abgebremst werden muß, um eine gleichmäßige Geschwindigkeit von 2 m zu erzielen. Die Kurven stellen den Kraftbedarf für den jeweils ungünstigsten Fall dar, weil sie unter der weiteren Voraussetzung entworfen wurden, daß bei der Bergfahrt (obere Kurve) der talfahrende Wagen unbesetzt sei, und umgekehrt bei der Talfahrt (untere Kurve) der zu Berg fahrende Wagen. Es ergibt sich darnach für die Motoren eine mittlere Leistung von 55 PS auf der alten und von 45 PS auf der neuen Strecke, so daß also praktisch für, beide Antriebstationen Motoren derselben Größe in Betracht kommen. Die Arbeit beim Anfahren wurde zu 105 PS bestimmt und demgemäß die Motoren für folgende Leistungen bemessen:
Augenblicks-Höchstleistung 105 PS
größte Dauerleistung 78 PS
Mittelleistung 55 PS
Uml./min 630
Klemmenspannung 500 V
 
Fig.21.Fahrplan. (33kb)
 
Fig.22.Stromkurve. (24kb)
 

Fig. 21 und 22 zeigt den Fahrplan und den jeweiligen Strombedarf auf Grund des Fahrplanes und der besprochenen Kraftkurven. Wie ersichtlich, kann auf der unteren Bahn alle 8 ½ Minuten, auf der oberen alle 12 Minuten ein Wagen fahren. Dabei beträgt die Stromstärke beim Anfahren auf der unteren Bahn 244 Amp, auf der oberen Bahn 104 Amp; wird auf beiden zusammen angefahren, so wächst die Stromstärke bis auf 310 Amp.

 

Man sieht, daß dieser Betrieb eine sehr ungünstige Netzbelastung im Gefolge hat; aus dem Grunde wurde, wie dies weiter unten erläutert werden soll, einmal eine Pufferbatterie, ferner eine besondere Regelvorrichtung vorgesehen, die beide dahin wirken, daß der dem Netz entnommene Strom in nahezu unver­änderlicher Größe von rd. 75 Amp zufließt.

 
Es wäre nun noch das sehr wichtige Signalwesen zu berühren. Die Zeichen zur Abfahrt werden den Maschinisten auf den Antriebstationen durch elektrische Glockensignale mittels Druckknopfes gegeben, und zwar gibt sie der Schaffner des unteren Wagens zuerst, und der des oberen Wagens wiederholt sie, sobald auch seinerseits alles zur Abfahrt bereit ist. Die Signale zerfallen in Vorbereit- und Schlußsignale; die Vorbereitsignale werden mit Druckknöpfen von den Bahnsteigen aus gegeben, die Schlußsignale von den Wagen aus, sobald alle Reisenden eingestiegen und die Wagentüren geschlossen und verriegelt sind. Zu diesem Zweck ist in den Stationen die Signalleitung als Schleifleitung ausgebildet und durch einen am Wagen befestigten Stromabnehmer mit dem Druckknopf auf dem Wagen in Verbindung gebracht. Hat nun der Führer des oberen Wagens das Schlußsignal erhalten und erwidert, so gibt er dem Führer in der Station, der alle Signale hören kann, nochmals mittels eines Hornes ein besonderes Abfahrtzeichen, worauf dieser den Motor einschaltet.
 

Es ist ferner sehr wichtig, daß die Schaffner während der Fahrt vom Wagen aus Signale geben können, wenn z. B. irgendein Umstand plötzliches Anhalten der Wagen erfordert. Dazu sind die Signalleitungen, deren einer Pol an Erde liegt, je als blanker Draht längs der Bahn als sogenannte Streichleitungen hingeführt, und zwar in solcher Lage, daß sie der Wagenführer jederzeit mit einem Kontaktstock, der aus einem Metallrohr mit isoliertem Griff besteht, und dessen metallischer Teil mit der Klemme der Batterie durch eine bewegliche Leitung verbunden ist, berühren kann, was dieselbe Wirkung hat, wie wenn irgend ein Druckknopf geschlossen wird, und demnach die Glocke im Maschinenhause zum Ansprechen bringt.

 

Für die längere und wegen der Kurven nicht so übersichtliche Strecke nach dem Königstuhl ist neben der Streichleitung für die Glockensignale noch eine zweite für telephonische Verständigung vom Wagen aus mittels Streckentelephones ausgeführt, was bei Betriebstörungen von Wichtigkeit ist

 

Antriebvorrichtungen.

 

Zu den bemerkenswertesten Teilen der Anlage gehören die beiden Antriebstationen auf der Molkenkur und dem Königstuhl; beide sind, bedingt durch die verschiedene Ausbildung des Gleises, abweichend voneinander ausgeführt. Wie bereits besprochen, ist die ältere Bahn dreischienig, so daß also die beiden Trume des Zugseiles bei der Station Molkenkur um etwas mehr als die Spurweite — genau 1645 mm — voneinander entfernt liegen. Infolgedessen ergab es sich von selbst, daß das Seil unter entsprechender Anwendung von Leitrollen über eine Scheibe zu führen war, die in der durch die beiden Trume bestimmten Ebene liegt. Fig. 23, [24, 25, 26] bis 27 zeigen die getroffene Anordnung. Das von der linken Seite kommende Seil wird unmittelbar um die als Reibscheibe dienende Seilrolle von 3770 mm Dmr. geführt, geht von dort nach einer Umschlingung von 180° auf eine Führrolle von nahezu demselben Durchmesser und dann wieder zurück zur Reibscheibe, um sie zum zweitenmal in einem Winkel von 180° zu umschlingen. Von der Treibseheibe läuft das Seil unter Vermittlung einer Führrolle nach der rechten Seite der Bahn. Sämtliche Scheiben liegen natürlich in einer Ebene, die entsprechend dem Steigungswinkel des letzten Stückes der Bahnstrecke gegen den Horizont geneigt ist. Zur Lagerung von Treibscheibe und Gegenscheibe dient ein Gestell aus Profileisen, das auf einem schweren tiefgegründeten Fundament befestigt ist, welches außerdem noch die übrigen Antriebteile aufnimmt.

 
Fig.23.Antrieb auf Station Molkenkur.Querschnitt (67kb)
 
Fig.24.Antrieb auf Station Molkenkur.Draufsicht (138kb)
 
Fig.25.Antrieb auf Station Molkenkur.Schnitt C-D. (43kb)
 
Fig.26.Antrieb auf Station Molkenkur.Schnitt E-F. (38kb)
 
Fig.27.Inneres der Station Molkenkur. (103kb)
 

Die Treibscheibe ist mit einem Kranz mit Winkelzähnen versehen, in die ein Zahnkolben eingreift, der durch Kegelräder und Riemen vom Motor aus angetrieben wird, Auf der Vorgelegewelle sitzen 2 Bremsscheiben, an denen die Backen der Handbremse und der selbsttätigen Bremse (s, weiter unten) angreifen.

 

Fig. 27 zeigt eine Ansicht dieser Station.

 

Wesentlich anders ist das Triebwerk auf dem Königstuhl gestaltet, von dem Fig. 28 [29, 30, 31] bis 32 ein Bild geben.

 
Fig.28.Antrieb auf Station Königstuhl.Schnitt A-B. (121kb)
 
Fig.29.Antrieb auf Station Königstuhl.Draufsicht. (120kb)
 
Fig.30.Antrieb auf Station Königstuhl.Schnitt C-D. (28kb)
 
Fig.31.Grundriß des Führerstandes. (26kb)
 
Fig.32.Station Königstuhl. (102kb)
 

Infolge des Zweischienensystemes sind hier die beiden Seile nur 200 mm voneinander entfernt; daher ist es möglich, sie unter Zuhülfenahme zweier entsprechend geneigten Führscheiben auf eine in wagerechter Ebene umlaufende Treibscheibe zu leiten, die mit einem Kranze von hölzernen Zähnen versehen ist und mittels doppelten Zahnradvorgeleges und Riemens durch den Motor angetrieben wird. Von der Treibscheibe wird das Seil über eine Leitrolle und wieder zurück auf die Treibscheibe geführt, und zwar so, daß die Seile eine Acht bilden, also die Treibscheibe zweimal mit je 300° umschlungen wird. Wie ersichtlich, baut sich diese Anordnung viel enger, alle Achsen liegen wagerecht und lassen sich gut und sicher lagern, weshalb denn auch dieses Triebwerk bedeutend ruhiger läuft als das auf der Molkenkur. Fig. 33 zeigt den Antriebraum dieser Station.

 

Mit dem Triebwerk verbunden sind ein Indikator, der dem Maschinisten die jeweilige Stellung der Wagen auf der Strecke anzeigt, und ein Geschwindigkeitsmesser, der die Wagengeschwindigkeit erkennen läßt. Beide sind beim Führerstand angebracht, so daß sie der Maschinist deutlich sehen kann. Der Führerstand ist auf der Molkenkurstation im Maschinenraum etwas erhöht aufgestellt, auf der Königstuhlstation befindet er sich im Stockwerk darüber; doch ist im Fußboden ein Schlitz gelassen, durch den der Maschinist den Maschinenraum übersehen kann.

 

Auf dem Führerstande befinden sich ferner noch der Fahrschalter zum Anlassen des Elektromotors, das Handrad für die Bremse und ein Fußtritt zur Betätigung der selbsttätigen Bremse.

 

Wie bereits erwähnt, sitzen auf der Riemenscheibenwelle eines jeden der beiden Windwerke 2 Bremsscheiben von 1200 mm Dmr. aus Gußeisen, gegen die die hölzernen Bremsbacken gedrückt werden. Die Backen sind in eisernen Rahmen gehalten, die sich unten um Gelenke be­wegen, oben aber rechts- und linksgängige Muttern tragen, so daß die Backen durch Drehen einer mit rechts- und links­gängigem Gewinde versehenen Welle gegen die Scheibe gedrückt werden. Eine dieser Bremsen, die Handbremse, kann nun vom Führerstand aus betätigt werden und dient dazu, den Nachlauf der Wagen, nachdem der Elektromotor ausgeschaltet ist, abzubremsen.

 

Die selbsttätige Bremse soll in Wirkung treten,

1 ) wenn die Geschwindigkeit von 2 m um mehr als 10 vH überschritten wird;

2 ) wenn der Wagen zu weit in die Station ein­fährt;

3 ) wenn der Strom ausbleibt;

4 ) wenn der Führer aus irgend einem Grunde plötzlich halten will, in welchem Falle sie als Notbremse wirkt.

 

Die Bremsbacken werden in allen Fällen dadurch angedrückt, daß ein herunterfallendes Gewicht durch Drahtseil und Scheibe die erwähnte Spindel mit dem rechts- und links­gängigen Gewinde dreht. Die Betätigung der selbstwirkenden Bremse beschränkt sich also auf Auslösung dieses Gewichtes, das durch die Nase eines Hebels gestützt wird. Letztere wird, wenn die Geschwindigkeit überschritten wird oder wenn der Wagen bis zu einem bestimmten Punkt in die Station eingefahren ist, durch geeignete Vorrichtungen fortgezogen. Wie bei den Wagen kann auch hier der Maschinist dieselbe Wirkung mittels eines Fußtrittes vom Führerstand aus erzielen. Für den Fall, daß der Strom ausbleiben sollte, wodurch also das Windwerk auch zum Stillstand käme, muß ferner auch dafür gesorgt werden, daß die Wagen sofort festgehalten werden, damit sie nicht etwa zurücklaufen. Dies geschieht in der Weise, daß infolge des Ausbleibens des Stromes ein Bremslüftmagnet seinen Kern fallen läßt und dadurch unter Vermittlung einiger Hebel dem Gewichte die Unterstützung entzieht.

 

Es ist natürlich nötig, daß, sobald die selbsttätige Bremse in Wirksamkeit tritt, auch der Motor abgestellt wird. Dazu wird gleichzeitig mit dem Auslösehebel ein Notausschalter in Tätigkeit gesetzt, der den Strom zum Motor unterbricht.

 

Verschiedene Versuche haben ergeben, daß diese selbsttätigen Bremsen sehr rasch und sicher wirken.

 

Die beiden Antriebstationen sind zu hübschen Häusern ausgebaut worden, die außerdem auch den Wartesaal und eine Wohnung für den Maschinisten enthalten. Zwischen Bahnkörper und Maschinenhaus sind Putzgruben angeordnet; das Gleis ist auf dieser Strecke durch kräftige Eisenkonstruktionen unterstützt.

 
Fig.33.Führerstand auf der Station Molkenkur. (327kb)
 

Die Führerstände der Antriebstellen, Fig. 33, sind in beiden Fällen in der Bahnachse angeordnet; rechts und links von der Bahnachse befinden sich Steuerschalter und Handbremse, ferner der Indikator und der Geschwindigkeitsmesser. Durch ein großes Fenster kann der Maschinist die Bahn auf eine weite Strecke übersehen.

 

Elektrische Einrichtungen.

 

Wie bereits gesagt, wird die Bahn elektrisch betrieben, und zwar im Anschluß an das städtische Kraftwerk, von dem das Lichtnetz mit 2 x 220 V Gleichstrom und auch das Straßenbahnnetz mit rd. 520 V versorgt wird. Der Strom für die Bergbahn wird dem Straßenbahnnetz in dem Speisepunkt am Kornmarkt entnommen und mittels Freileitung nach der untersten Station in Heidelberg geführt, und zwar nur der positive, während der negative Pol an die Schiene gelegt ist. Von dieser untersten Station an ist die Leitung mit 50 qmm Querschnitt nach Art der Kontaktleitungen für Straßenbahnen über den beiden Gleismitten aufgehängt. Diese Leitungsführung ist, wie schon bei Besprechung der oberen Bahn gesagt worden ist, ge­wählt, um Strom für die Wagenbeleuchtung entnehmen zu können, was mittels kleiner auf dem Wagen angebrachter Schleifbügel geschieht.

 

Unmittelbar bei der Antriebstation Molkenkur geht die Freileitung in eine isolierte Leitung aus Gummiaderdraht von 95 qmm Querschnitt über, die durch eine Wanddurchführung in den Maschinenraum eingeführt wird und an der Schalttafel endigt. Von hier aus zweigt die Leitung nach dem Königstuhl ab, die im Maschinenraum gleichfalls als Gummiaderleitung auf Rollen, im Freien als 8 mm starker Kupferdraht auf Isolatoren an eisernen Masten der Bahnlinie entlang verlegt ist. Zur Abnahme von Strom für die Wagen­beleuchtung ist, wie bereits erwähnt, eine besondere Leitung gezogen, welche parallel zur Speiseleitung liegt.

 

Die elektrische Einrichtung besteht in einem Antriebmotor für die beiden Windwerke, den beiden zugehörigen Fahrschaltern, je einem Bremslüftmagneten für die selbsttätigen Bremsen, sowie den zugehörigen Schaltern und Sicherungen. Ferner sind noch vorhanden: eine Pufferbatterie, eine aus Dynamo und Motor bestehende Zusatzgruppe zum Aufladen der Batterie und eine selbsttätige Reguliervorrichtung, die, wie schon angedeutet, für gleichmäßige Stromentnahme aus dem Bahnnetze sorgt.

 

Um eine Entladung der Pufferbatterie in das Bahnnetz zu verhindern, ist in die Zuleitung ein Rückstromautomat eingeschaltet, der die Zuleitung abschaltet, sobald Rückstrom auftritt.

 

Fig. 34 und 35 zeigen die beiden Schaltpläne für die Molkenkur- und die Königstuhlstation.

 
Fig.34.Schaltplan der Station Molkenkur. (90kb)
 
Fig.35.Schaltplan der Station Königstuhl. (66kb)
 

Auf dem Königstuhl befinden sich nur der Motor mit dem Steuerschalter und der Bremsmagnet. Die Apparate sind auf einer Marmortafel beim Führerstand untergebracht und bestehen aus einem einzelnen Schalter und einem Höchststrom-Ausschalter für den Bahnmotor, der außerdem im andern Pol nochmals durch eine Schmelzsicherung geschützt ist. Der Bremsmagnet ist unmittelbar an die Zuleitung und die Verbindungsleitung nach den Schienen gelegt, ist also solange unter Strom, wie zwischen beiden Leitungen Spannung vorhanden ist; reißt etwa die Oberleitung nach dem Königstuhl, so wird er stromlos, läßt seinen Kern fallen und bringt damit die selbsttätige Bremse in Wirkung. Von der Schalttafel geht der Strom zum Steuerschalter und von hier aus durch 2 Drähte zum Anker und durch 2 Drähte zur Magnetwicklung des Bahnmotors. In der Ankerzuleitung befindet sich der bereits erwähnte Notausschalter, der den Strom zum Motor unterbricht, sobald die selbsttätige Bremse eingreift; er besteht aus einer Walze mit Kontaktstücken und 2 federnden Stromzuführungen. Alle stromführenden Teile sind in einem Gußgehäuse untergebracht, das mit Oel gefüllt ist und sicheres Ausschalten auch bei großer Stromstärke gestattet, indem beim Ausschalten die Walze durch das Hebelwerk der selbsttätigen Bremse gedreht wird.

 

An die Oberleitung ist noch eine Rollen - Blitzschutzvorrichtung angeschlossen, die mit der Erdleitung verbunden ist.

 

Die eben beschriebene Schalteinrichtung befindet sich auch auf der Molkenkurstation, doch sind hier auch noch die Pufferbatterie, das Zusatzaggregat und die selbsttätige Regelvorrichtung nebst Schaltgeräten untergebracht und die letzteren zusammen mit denen für den Motor auf einer gemeinsamen Schalttafel vereinigt. Diese Schalttafel steht in unmittelbarer Nähe des Führerstandes, so daß sie von den Maschinisten bequem übersehen und bedient werden kann.

 

Wie aus dem Schaltplan, Fig. 34, ersichtlich, ist die Leitung vom Bahnnetz über den erwähnten Rückstrom-Automaten und einen Strommesser an eine Sammelschiene ge­führt, während die andre Sammelschiene unmittelbar mit den Schienen verbunden ist.

 

Bevor jedoch der Netzstrom von den Sammelschienen aus verteilt wird, wird er durch die selbsttätige Regelvorrichtung geführt, beeinflußt also diese in seiner vollen Stärke. Von hier aus geht der Netzstrom zu dem Teil der Sammelschiene, an welchen der Bahnmotor, die Zusatzgruppe und die Pufferbatterie sowie die Leitungen zum Königstuhl an­geschlossen sind. Außerdem ist noch ein Abzweig für Licht vorgesehen, um die Station gehörig beleuchten zu können.

 

Der Stromverlauf für den Bahnmotor ist schon beschrieben; der für den Zusatzmotor bietet nichts Bemerkenswertes. Er enthält 2 Sicherungen, einen doppelpoligen Ausschalter, einen Strommesser und einen Anlasser, ferner im Nebenschluß einen Regler zum Verändern der Umlaufzahl des Motors.

 

Die Zusatzdynamo ist über den Anker mit der Pufferbatterie in Reihe geschaltet, und der Stromkreis enthält 2 Sicherungen, einen doppelpoligen Hebelschalter, einen Höchststrom-Ausschalter und einen Präzisions-Strommesser mit Ausschlag nach 2 Seiten, um erkennen zu lassen, ob die Batterie geladen oder entladen wird. Die Magnete der Zusatzmaschine sind an die Sammelschienen angeschlossen, während sich der Regler in der erwähnten selbsttätigen Regelvorrichtung befindet, die gleich näher beschrieben werden soll.

 

Außerdem befindet sich noch auf der Schalttafel ein Voltmesser, der bis 750 V zeigt und mittels Umschalters bald auf das Netz, bald auf Batterieladung oder -entladung geschaltet werden kann, um Netz und Batterie parallel zu schalten und die letztere beim Aufladen zu überwachen. Ferner sind in jede der beiden Zuleitungen Blitzschutzvorrichtungen eingebaut, die in einem Apparat vereinigt sind. Durch Trennschalter kann die Leitung nach dem Königstuhl ausgeschaltet werden, ebenso die selbsttätige Regelvorrichtung.

 

Die Schalteinrichtung besteht aus einem eisernen Gerüst, das vorn die beiden Marmortafeln trägt und darunter mit Buckelblech verkleidet ist, aus dem die Handräder zur Bedienung der Regelvorrichtungen herausragen. Die Schalter und Meßgeräte sind auf der Vorderseite der beiden Marmorfelder, die Sicherungen, Trennschalter, Regel- und Anlaßwiderstände auf der Rückseite angebracht.

 

Von den einzelnen wichtigen Teilen sei zunächst der Bahnmotor erwähnt, der normal 55 bis 78 PS bei 630 Uml./min und 500 V leistet; beim Anlauf kann die Leistung auf 105 PS gesteigert werden. Das Magnetgehäuse ist 6 polig und mit Hülfspolen versehen. Der Strom wird durch 4 mit 4 Kohlenbürsten versehene Bürstenträger abgenommen.

 

Das Zusatzaggregat besteht aus 2 unmittelbar gekuppelten 4 poligen, gleichfalls mit Hülfspolen versehenen Maschinen, die für Ladung 160 V Zusatzspannung bei 75 Amp, für Entladung 40 V bei 215 Amp abgeben können. Der Motor leistet 19 PS bei 500 V und 11 Uml./min.

 

Die Pufferbatterie aus 250 Elementen in Glasgefäßen hat eine Kapazität von 148 Amp-st, einen höchsten Ladestrom von 70 Amp und einen Entladestrom von 148 Amp bei einstündiger Entladung. Sie steht in einem besondern Raum im Keller.

 

Die Fahrschalter zum Anlassen der Bahnmotoren sind sehr kräftig gebaut und oben mit einer Rotgußplatte abgedeckt, welche die Teilung für die Einschaltkurbel und außerdem versenkt angeordnet einen Volt- und einen Amperemesser trägt. Zum Umkehren der Drehrichtung dient eine besondere Umsteuerwalze, die durch einen kleinen Hebel bedient wird. Diese Walze verriegelt gleichzeitig in der Nullstellung die Hauptwalze. Ferner ist für die Regelung der Umlaufzahl des Bahnmotors ein Nebenschlußregler in unmittelbarer Nähe des Steuerschalters an der Wand befestigt. Der Steuerschalter hat 8 Anlaß­stufen, und sein Widerstand sitzt getrennt davon unterhalb der Führerbühne.

 

Schließlich ist noch der eigenartigste Teil, die selbsttätige Regelvorrichtung, zu besprechen. Sie besteht aus einem kleinen Hülfsmotor, der mittels hoher Vorschaltwiderstände als Reihenmotor an die beiden Sammelschienen über einen zweipoligen Ausschalter und Sicherungen angeschlossen ist. Infolge der hohen Vorschaltwiderstände ist der durch den Motor fließende Strom und damit auch die Drehgeschwindigkeit, dieses Hülfsmotors nur von der Spannung an den Sammelschienen abhängig, während der Drehsinn, der von dieser Wicklung hervorgebracht wird, stets derselbe bleibt. Auf den Magnetspulen des Motors sitzt außerdem noch eine zweite Wicklung, durch welche der gesamte, dem Bahnnetz entnommene Strom fließt, und zwar so, daß diese Amperewindungen den ersten entgegen wirken; durch einen in den ersten Stromkreis eingeschalteten Nebenschlußregler kann dessen Amperewindungszahl geändert werden. Mit Hülfe dieses Reglers läßt sich erreichen, daß die beiden Amperewindungen einander bei einem bestimmten Netzstrom das Gleichgewicht halten, wodurch der Motor stillgesetzt wird. Aendert sich nun aber der Netzstrom infolge Zu- und Abschaltens der Bahnmotoren, so werden die Amperewindungen des Netzstromes bald schwächer bald stärker, und der Hülfsmotor dreht sich bald in diesem, bald in jenem Sinne. Diese Drehbewegung des Motors wird dazu benutzt, den Reglerhebel des Nebenschlußreglers der Zusatzdynamo zu verdrehen; dabei ist der Widerstand so eingerichtet, daß er die Feldstromstärke nicht nur zwischen null und einem Höchstwerte verändert, sondern die Stromrichtung kann sogar umgedreht und damit die Zusatzmaschine umpolarisiert werden.

 

Die Wirkungsweise ist nun folgende:

 

Angenommen, die beiden Bahnmotoren stehen still, das Zusatzaggregat sei in Bewegung und Batterie und Netz an die Sammelschienen gelegt; dann fließt vom Netz aus ein Strom nach den Sammelschienen, und der Hülfsmotor hat den Regler so eingestellt, daß dieser Strom über die Zusatzmaschine in die Batterie gespeist wird.

 

Wird nun ein Bahnmotor in Gang gesetzt, so zeigt der Netzstrom das Bestreben, zu wachsen. Hierdurch wird das Gleichgewicht in den Feldspulen des Hülfsmotors gestört, und der Motor beginnt sich zu drehen, und zwar so lange, bis die Zusatzmaschine umpolarisiert ist und nun gewissermaßen den Strom aus der Batterie herauszieht; nunmehr liefert also die Batterie den zusätzlichen Strombedarf, wodurch verhindert wird, daß der Netzstrom über eine bestimmte Grenze hinaus anwächst. Wird anderseits der Strombedarf geringer, so wächst damit die Spannung an den Sammelschienen, und der Netzstrom sinkt; damit wird aber die entgegengesetzte Regelbewegung eingeleitet, und der Hülfsmotor stellt den Regelwiderstand so ein, daß der Netzstrom wieder zum Aufladen der Batterie verwendet wird.

 

Auf diese Weise sorgt die Vorrichtung einmal dafür, daß die Netzstromstärke innerhalb bestimmter Grenzen — nach oben und nach unten hin — bleibt und die Ruhepausen zum Laden der Batterie Verwendung finden. Ebenso sorgt sie auch dafür, daß, falls der bergab fahrende Wagen schwerer ist, der im Motor, der nun als Generator bremsend wirkt, erzeugte Strom in die Batterie geschickt wird.

 

Die Anordnung der einzelnen Teile im Maschinenraum ist aus der Grundrißskizze der Molkenkurstation, Fig. 23 [ 24, 25] bis 26, ersichtlich.

 

Betriebsergebnisse.

 

Versuche mit der Bahn sind während der Monate Juli bis November v. J. [= 1907] angestellt worden und haben folgendes ergeben:

 

Die Bahnmotoren sind sehr reichlich gewählt, da auch bei der ungünstigsten Belastung die Stromstärke für die Molkenkurstation bei vorsichtigem Anfahren selbst an der steilsten Stelle 200 Amp nicht erreicht, während 244 gerechnet worden waren. Während der Fahrt beträgt die Stromstärke an der steilsten Stelle rd. 90 Amp, auf geringer Steigung rd. 30 bis 40 Amp. Auf dem Königstuhl liegen die Verhältnisse noch günstiger, indem dort der höchste Anfahrtstrom rd. 60 bis 70 Amp, der Fahrstrom höchstens 30 bis 40 Amp, auf geringen Steigungen nur rd. 20 Amp beträgt.

 

Beim Talfahren mit vollbelastetem Wagen wirken die Motoren bremsend, indem sie Strom ins Netz abgeben, und zwar für die untere Bahn auf der steilsten Strecke rd. 40 Amp, auf der flachen rd. 20 Amp.

 

Der Energiebedarf für eine einzelne Fahrt auf- und abwärts schwankt natürlich je nach der Belastung, und zwar für die untere Bahn zwischen 1,2 und 1,7 KW-st; er betrug im Mittel während der Zeit vom 1. bis 19. Juli 1,4 KW. Die Zahl der täglichen Fahrten schwankte zwischen 81 und 130 und betrug durchschnittlich 100.

 

Für die obere Bahn belief sich der Energieaufwand während der Zeit vom 20. bis 3l. Juli im Mittel auf rd. 1,78 KW-st; er schwankte zwischen 1,5 und 2,35 KW-st. Es wurden täglich durchschnittlich 77 Fahrten gemacht, Sonntags bis zu 125. Während der Betriebzeit der Bahnen im Monat August bei durchschnittlich 77 Tagesfahrten auf der unteren und 42 auf der oberen Bahn wurden nur rd. 1,97 KW-st für die Fahrt auf beiden Bahnen dem Netz entnommen. Aus dieser letzteren Angabe ersieht man, daß bei jeder Bahnfahrt ein erheblicher Teil der elektrischen Energie der Batterie entnommen wird. In welchem Verhältnisse die Batterie zur Energieabgabe herangezogen wird, läßt sich folgendermaßen feststellen. Berücksichtigt man, daß in den dem Straßenbahnnetz entnommenen 1,97 KW für die Doppelfahrt auch die Verluste für den Betrieb der Zusatzgruppe und der Batterie mit etwa 20 vH enthalten sind, so kommt man aufeine nutzbare Entnahme von etwa 1,92 x 0,8 = 1,536 KW-st für die Fahrt.

 

Nach den oben gegebenen Durchschnittswerten betrug nun aber der Energiebedarf für die Doppelfahrt 1,7 + 1,78 = 3,78 KW-st, d. i. annähernd das Doppelte von 1,53. Hieraus folgt also, daß sich beim Betrieb Batterie und Netz ungefähr in gleichem Maße an der Energieabgabe beteiligen, und dieses günstige Verhältnis ist in erster Linie der Wirksamkeit der selbsttätigen Regelvorrichtung zuzuschreiben, welche die Batterie zwingt, einerseits sich an der geforderten Leistung in solchem Maße zu beteiligen, daß der Netzstrom nicht zu groß wird, anderseits jede Betriebspause zur Wiederaufladung zu benutzen. Es ist daher auch gar nicht nötig, die regelmäßige Aufladung der Batterie außerhalb der Betriebstunden vorzunehmen, vielmehr genügt hierzu die Zeit zwischen den einzelnen Fahrten, die morgens und gegen Abend, wenn die Bahnbenutzung geringer ist, je 1/2 bis 1/4 st beträgt.

 

Wie ersichtlich, sind die reinen Betriebskosten also sehr gering; desgleichen aber auch die mittelbaren Betriebskosten für Verschleiß, Putz- und Schmiermaterial sowie Bedienung. Namentlich hat sich der erste Posten gegen den früheren Betrieb mit Wasser insofern bedeutend vermindert, als der Ersatz für Bremsbacken an den Wagen nunmehr ganz wegfällt. Da diese Bremsbacken aus Bronze hergestellt sein mußten und sich rasch abnutzten, waren sie sehr teuer; ihre Ersatzkosten beliefen sich auf rd. 2000 M jährlich.

 

Zu erwähnen ist noch die größere, Sicherheit des Betriebes; früher konnten als Wagenführer nur sehr zuverlässige und geschickte Leute Verwendung finden, da es namentlich bei vollbesetzten zu Tal fahrenden Wagen nicht leicht war, die Geschwindigkeit stoßfrei innerhalb der zulässigen Grenzen zu halten. Dazu kommt der Vorteil, daß der elektrische Betrieb auch bei Frost aufrecht erhalten werden kann, was früher natürlich nicht möglich war und bei dem starken Besuch gerade auch im Winter einen großen Ausfall für die Unternehmerin bedeutete. Infolge dieser erhöhten Ausnutz­barkeit werden natürlich auch die Kosten für Abschreibung und Verzinsung auf die einzelne Fahrt geringer, um so mehr, als wegen der größeren Sicherheit der ganzen Einrichtung die Behörden eine Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit von 1,5 auf 2 m/sk zugelassen haben, was mit einer um 30 vH vergrößerten Ausnutzung der Anlage gleichbedeutend ist.

 

Alles in allem darf man also feststellen, daß der Umbau der Bahn und ihre Fortführung nach dem Königstuhl in der vorliegenden Ausführung ein sehr zweckmäßiges und wohlgelungenes Unternehmen war.

 
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[1] ) Sonderabdrucke dieses Aufsatzes (Fachgebiet: Eisenbahnen) werden an Mitglieder postfrei für 60 Pfg. gegen Voreinsendung des Betrages abgegeben. Nichtmitglieder zahlen den doppelten Preis. Zuschlag für Auslandsporto 5 Pfg. Lieferung etwa 2 Wochen nach Erscheinen der Nummer.

1 ) s. "Eisenbeton" 1907 Nr. 8

(A. Schmidt: Die Bergbahn Heidelberg. In: Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, Bd. 52, Nr. 38, 19. September 1908, 1501-11)

VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE
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