Robert Basten und Claude Jeanmaire |
Die Bergbahn |
Die
Untere Bahn Kornmarkt-Molkenkur Die Obere Bahn Molkenkur-Königstuhl Der Turmaufzug Projekt Heiligenbergbahn |
Mit dem Projekt, eine Bergbahn zum Heidelberger Schloss und auf die waldigen Anhöhen des Königstuhls zu führen, befassten sich schon Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts mehrere Gesellschaften. 1873 unterbreitete der Ingenieur Riggenbach auf Veranlassung eines Konsortiums den massgebenden Behörden das Projekt einer Zahnradbahn vom Klingentor nach Schloss-Molkenkur-Königstuhl zur Konzessionierung. Das Projekt fand seitens der städtischen und staatlichen Behörden die weitgehende Unterstützung, blieb jedoch infolge des plötzlichen Todes eines der Hauptbeteiligten unausgeführt. In der Zwischenzeit hatten die amerikanischen Ingenieure neue Wege beim Bau von Bergbahnen eingeschlagen. Sie versuchten den Seilbahnen durch Anwendung von zwei Drahtseilen, von denen das eine als Zugseil, das andere als Sicherheitsseil fungierte, zum Durchbruch zu verhelfen. 1882 erarbeitete der Amerikaner, Ingenieur Eppelsheimer, der Patentinhaber für dieses Seilbahnsystem war, im Auftrag der Fa. Soenderop & Co., Kommanditgesellschaft für Bau und Betrieb von Eisenbahnen in Berlin, nach diesem System ein Bergbahnprojekt zum Schloss und zu der Molkenkur. Der Ausführung des Projekts konnte aber wegen Schwierigkeiten beim Grundstückserwerb nicht nähergetreten werden. Schon 1883, nachdem das Eppelheimer'sche Projekt aufgegeben
wurde, fassten die Gesellschafter, Gebrüder Leferenz, die Pläne
zum Bau einer kombinierten Zahnrad- und Drahtseilbahn von der Zwingerstrasse
(Bremeneck) zum Schloss und zu der Molkenkur ins Auge. Nach Gründung
der «Heidelberger Strassen- und Bergbahn Gesellschaft, Leferenz
& Co.» (später HSB) am 23.3.1885 legten die Gesellschafter
das Bergbahnprojekt dem Stadtrat zur Genehmigung vor. Zunächst offerierte
der Stadtrat der Gesellschaft, ein Zahnradbahnprojekt vom Klingentor aus
vorzulegen. Die Schattenseiten eines Klingentorprojekts, besonders einer
Zahn radbahn, und die Vorteile einer Drahtseilbahn scheinen es gewesen
zu sein, die den Stadtrat veranlassten, dem Klingentorprojekt keine weitere
Beachtung zu schenken. So erklärte sich der Stadtrat am 14.7.1885
dazu einverstanden, dass eine Bergbahn zum Schloss und der Molkenkur erbaut
und das Drahtseilprojekt Bremeneck zur Ausführung gebracht werden
solle. Hiergegen erhob am 30.7.1885 der Heidelberger Schlossverein Einspruch.
Es wurde befürchtet, dass durch die Bergbahn die landschaftliche
Schönheit Heidelbergs stark beeinträchtigt werde. Diese Agitation,
der sich auch die Studentenschaft anschloss, führte zu einer ausserordentlichen
Verzögerung der weiteren Abläufe. Es zeigte sich bald, dass die Bergbahn einen dringendem Bedürfnis, besonders der Fremden, entsprach. Im ersten Betriebsjahr wurden 189 904 Personen befördert; 1906 waren es schon 260 517 Personen. Mit dem Neubau der oberen elektrisch betriebenen Bergbahn Molkenkur-Königstuhl wurde die bis dahin mit Wasserballast betriebene untere Bahn ebenfalls in eine solche mit elektrischen Antrieb umgestellt. Hierdurch war die Möglichkeit gegeben, die Fahrten infolge des Wegfalls der Wasserfüllung in kürzeren Abständen zu wiederholen. Überdies liess sich der Betrieb - was für die Wirtschaftlichkeit wichtig war - jetzt auch im Winter aufrechterhalten. Zum 30. Oktober 1906 wurde der Betrieb der unteren Bahn eingestellt. Anschliessend begann der Umbau der Molkenkurstation, der infolge des harten Winters unter schwierigen Gründungsarbeiten erst im Februar 1907 soweit gediehen war, dass der Einbau der Maschinen und elektrischen Anlagen erfolgen konnte. An den Wagen hingegen waren keine Änderungen erforderlich. Sie wurden lediglich gründlich Instandgesetzt, erhielten eine neue Beleuchtung unter Benutzung einer Oberleitung und wurden mit einem neuen Anstrich, der dem der Strassenbahnwagen glich, versehen. Ebenso waren an den Gleisanlagen keine wesentlichen Änderungen erforderlich. Aufgrund der Erfahrungen des ersten Betriebsjahres mit dem elektrischen Betrieb wurde es für notwendig erachtet, auch einen Umbau der Kornmarkt- und Molkenkurstationen dergestalt vorzunehmen, dass die Fahrgäste auf der einen Seite in den Wagen einsteigen und auf der anderen Seite aussteigen können und sich so nicht mehr gegenseitig behindern. Dazu mussten Änderungen sowohl an der Gleisanlage als auch an dem vorhandenen Rollmaterial vorgenommen werden. Zudem waren drei Wartesäle mit ausreichender Sitzgelegenheit vorgesehen, die nicht nur einem vorhandenen Bedürfnis entsprachen, sondern auch den durch den Winterbetrieb - Rodler - geschaffenen neuen Verhältnissen Rechnung tragen sollten. Der beabsichtigte Zweck dieser Um- und Neubauten war es, eine weit schnellere Abfertigung der Wagen und eine grössere Anzahl Fahrten als bisher zu ermöglichen. Die einleitenden Arbeiten wurden wegen des schlechten Wetters schon im November 1907 vorgenommen, und der Betrieb für die Zeit vom 26.11.-22.12.1907 eingestellt. Die weiteren Umbauarbeiten konnten dann während des Betriebes ausgeführt werden. Der 1907 begonnene Bau der drei Wartehallen an der Kornmarkt-Station konnte im Folgejahr zu Ende geführt werden. Für die Gleisänderung war im März 1908 eine nochmalige Betriebseinstellung erforderlich. Anstelle des bisherigen dreischienigen Oberbaues trat das billigere Zweischienensystem, das auch die zweite Zahnstange ausserhalb der Ausweiche entbehrlich machte. Bei den Weichen sind die Innenschienen zum Seildurchlauf unterbrochen. Daher mussten die Wagen mit den für Standseilbahnen üblichen Radsätzen ausgerüstet werden. Die äusseren Räder erhielten zwei Spurkränze, und die Innenräder wurden als breite Rollen ausgeführt. Gleichzeitig sind die Wagen auch auf der bisher geschlossenen Seite mit Türen versehen worden. Mit diesen technischen Ausrüstungen ist die untere Bergbahn jahrzehntelang ohne Störungen und Unfälle betrieben worden. Lediglich wegen der Kohlenknappheit standen im Winter 1918/19 die Räder still, ebenso zum Ende des 2. Weltkrieges beim Einmarsch amerikanischer Truppen zwischen dem 29.3 und 12.5.1945. Da im Laufe der fünfziger Jahre das Platzangebot bezüglich des immer grösser werdenden Beförderungsbedürfnisses, insbesondere zum Schloss, öfter nicht ausreichend war, befasste sich die Strassenbahngesellschaft jahrelang mit der Schaffung besserer Beförderungsmöglichkeiten zum Schloss. Hierfür wurde neben der Erneuerung der Bergbahn mit einer Vergrösserung des Platzangebotes und Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit auch der Bau einer Rolltreppe zum Schloss erörtert. Beides wurde eingehend untersucht und auch Projekte dafür ausgearbeitet. Dadurch, dass die Bergbahn ohnedies erneuert werden musste, ergab sich die Frage, ob nicht die untere Bahn zwischen Kornmarkt und Schloss vollständig durch den Bau einer Rolltreppe ersetzt werden könnte. Dadurch hätte aber der Abschnitt zwischen Schloss und Molkenkur für die Bergbahn erhalten bleiben müssen, wobei verhältnismässig hohe Umbau- bzw. Erneuerungskosten entstanden wären. Auch wurde berücksichtigt, dass es Menschen gibt, die die Benützung einer Rolltreppe grundsätzlich ablehnen, und so ein Teil der Schlossbesucher dann kein Beförderungsmittel gehabt hätte. Aus diesen Erwägungen heraus entschloss man sich, die Bergbahn zu erneuern. So wurde am 25.9.1961 die alte Anlage ausser Betrieb gesetzt. An ihre Stelle trat eine nach dem damaligen neuesten Stand der Technik angelegte Bahn, die vollautomatisch arbeitete. Insofern kann die Bahn auch ohne Maschinisten durch Signalgebung des Wagenführers betrieben werden. Der Neubau bedeutete auch zugleich eine Abkehr von der alten Zahnradtechnik, denn die neue Bahn wird ohne Bremszahnrad betrieben. Der bisherige Schottergleiskörper wurde durch einen Betonkörper ersetzt und die alten Schienen gegen neue Keilkopfschienen ausgewechselt. Auch erfolgte eine vollständige Erneuerung der Stationsgebäude am Kornmarkt und am Schloss. Zur Beschleunigung des Fahrgastwechsels ist an allen drei Stationen eine Trennung der ein- und aussteigenden Fahrgäste vorgenommen worden. Die neuen Bergbahnwagen sind als Gliederzüge konzipiert und können 100 Personen aufnehmen. Ihre Geschwindigkeit beträgt bis zu 4 m pro Sekunde; doppelt so viel wie bei der alten Bahn. Die Wagenkasten stammen von der Firma Waggonfabrik AG in Rastatt, die Fahrwerke von der Firma von Roll in Bern (Schweiz). Zur Betriebssicherheit erhielten die beiden Gliederzüge jeweils vier Bremszangen, die auf die Keilkopfschienen wirken und als Fangbremsen wirken. Die Lichtstromversorgung erfolgt über eine Oberleitung mit 220 Volt Wechselstrom, während eine zweite nur 12 Volt Gleichstrom führende Fahrleitung zur Steuerung der Anlage dient. Die elektrische Anlage, die sich grundlegend von der alten Bahn unterscheidet, lieferte und montierte die Firma AEG. Am Ostersamstag, 26.4.1962, konnte der Fahrbetrieb wiederaufgenommen werden. Während der Umbauzeit hatte es einen Ersatzverkehr mit Omnibussen gegeben. Die neue Bergbahn wurde vom Publikum gut angenommen. Jährlich werden annähernd 900000 Fahrgäste befördert. Die Bergbahn stellt, nach wie vor, eine besondere Attraktion für Heidelberg als Universitäts- und Fremdenstadt dar. |
Die Obere Bahn Molkenkur-Königstuhl |
Die günstigen Ergebnisse der unteren Bahn, sowohl hinsichtlich der Betriebssicherheit wie der Benutzung durch das Publikum, liessen schon bald den Gedanken aufkommen, die Bahn zu der gleichfalls viel besuchten höchsten Erhebung Heidelbergs, dem Königstuhl, zu verlängern. Vorarbeiten in dieser Richtung erfolgten schon frühzeitig; jedoch erst mit Aufkommen des Wintersports in der Umgebung von Heidelberg seit Anfang dieses Jahrhunderts und die Errichtung eines Elektrizitätswerkes gaben Veranlassung, dem Projekt ernsthaft näherzutreten, denn diese Umstände waren auf den Verkehr wie die Betriebskosten von günstigem Einfluss. Schliesslich wurde im Frühjahr 1905 der Bau endgültig beschlossen und die Ausführung der mechanischen und elektrischen Betriebsmittel der Firma Brown, Boveri & Cie., Mannheim übertragen, die ihrerseits mit den L. von Rollschen Eisenwerken in Bern wegen Ausführung des mechanischen Teils in Verbindung trat. Beide Firmen hatten zusammen in der Schweiz schon mehrere Bergbahnen mit Erfolg erbaut. Der Entschluss, die neue Bahn mit Elektrizität zu betreiben, hatte, wie bereits erwähnt, die Folge, auch die untere Bahn für den elektrischen Betrieb umzubauen, da sich die Betriebsart viel kostengünstiger stellte. Nach Erhalt der Genehmigung begannen im Sommer 1905 die Bauarbeiten. Das Stationsgebäude auf dem Königstuhl wurde im September 1906 fertiggestellt. Nach einer 2jährigen Bauzeit kam die obere Bahn am 28. Mai 1907 in Betrieb. Die Bahnlinie in ihrer gesamten Ausdehnung besitzt zwei vollständig getrennte Teilstrecken, so dass bei der Station Molkenkur von der unteren zur oberen Bahn umgestiegen werden muss. Diese Teilung, die vielfach angefochten wurde, gestattet aber in der gleichen Zeit eine unterschiedliche Fahrtenzahl auf den Teilstrecken je nach Bedarf durchzuführen. Diesem Vorteil standen aber die Nachteile des Umsteigens und die Einrichtung zweier Betriebsstationen mit Ausrüstung und Bedienungsmannschaft gegenüber. Die obere Bahn beginnt im Anschluss der Endstation der
unteren Bahn, setzt sich mit grosser Steigung und in zwei schlanken Kurven
über die Weggabelung hinter der Molkenkur bis zur Ausweiche hinweg,
um von da in gerader Richtung und stets wachsender Steigung zum Königstuhl
zu gelangen. Die Höhendifferenz zwischen der Station Molkenkur und
der Station Königstuhl beträgt 260,5 m. Die Länge der Bahn
beträgt in der Horizontalen gemessen 974 m und in der Steigung 1020
m. Die Anfangssteigung an der Station Molkenkur beträgt 27%, in der
Mitte der Ausweiche 22% und die Endsteigung 40,9%. Die Gleisanlage besteht,
wie bei Bergbahnen üblich, aus Keilkopfschienen. Die Schienen sind
auf eisernen Querschwellen mit 1000 mm Spurweite verlegt. Durch Anwendung
der Schienenbremse konnte auf die Zahnstange verzichtet werden. Das Gleisbett
entspricht in der Bauweise dem der alten unteren Bahn. |
Der Turmaufzug |
Ein beliebtes
Fahrziel auf den Königstuhl war von jeher der Aussichtsturm (568 m
ü. d. M.). Zur Hebung des Fremdenverkehrs auf beiden Bergbahnen wurde
am 11.4.1911 auf diesem Aussichtsturm ein elektrisch betriebener Personenaufzug
in Betrieb genommen. Er war für eine Beförderung von 9 Personen
einschliesslich Führer eingerichtet. Die Antriebsstation befand sich
im Walde in einem Blockhaus östlich des Aussichtsturmes und bestand
hauptsächlich aus einem Elektromotor von 19 PS, dem Anlasser und dem
Windwerk, von dem die Last- und Gewichtsseile durch einen unterirdisch gemauerten
Kanal zu dem Fahrstuhl führten. Für die obere Station hatte der
Turm einen erkerförmigen Aufbau erhalten. Die Inbetriebnahme des Aufzuges
erfolgte von einer Kabine aus, wobei der Strom von 550 Volt Spannung, wie
für die Bergbahn, aus dem Strassenbahnnetz entnommen wurde. Der Aufzug
selbst wurde von der Firma Mohr & Federhaff in Mannheim in Verbindung
mit den Siemens-Schuckert-Werken ausgeführt. Von der Plattform des
Aussichtsturmes erschloss sich ein herrlicher Ausblick auf die Umgebung
Heidelbergs, die Rheinebene und über die Höhen des Odenwaldes. 1959 entstand unweit des alten Aussichtsturmes ein Fernsehturm. Innerhalb dieses neuen Turmes wurde ein für 10 Personen zugelassener Turmaufzug der Firma Mohr& Federhaff eingebaut und am 5.11.1960 in Betrieb genommen. Der alte Aussichtsturm dagegen wurde abgebrochen. Während der alte Aufzug eine Geschwindigkeit von 0,8 m pro Sekunde hatte, fährt der neue Aufzug mit 1,25 m pro Sekunde. Im Zuge einer Straffung und Konsolidierung des Leistungsprogrammes der HSB wurde der Turmaufzug am 1.8.1975 an die Stadt abgegeben, die ihn an Dritte verpachtete. |
Projekt Heiligenbergbahn |
Der Gedanke, den Heiligenberg durch eine Bergbahn zu erschliessen
tauchte erstmals im Jahre 1909 auf. Den Anlass hierzu gab das grosse Interesse
der Stadt- und Strassenbahnverwaltung, den stetig wachsenden Fremdenverkehr
nach Möglichkeit festzuhalten, den die Königstuhlbahn an Sonntagen
und schönen Nachmittagen wie auch im Winter beim Schneesport nicht
mehr zu bewältigen vermochte. Infolgedessen lag es nahe, die touristisch
fast noch ganz unerschlossenen herrlichen Höhenzüge und Waldstrecken
des Heiligenberges durch eine ähnliche Bergbahn, wie die an der Schlossseite,
zugänglich zu machen. |