Robert Basten und Claude Jeanmaire
Die Bergbahn
Die Untere Bahn Kornmarkt-Molkenkur
Die Obere Bahn Molkenkur-Königstuhl
Der Turmaufzug
Projekt Heiligenbergbahn

Die Untere Bahn Kornmarkt-Molkenkur

Mit dem Projekt, eine Bergbahn zum Heidelberger Schloss und auf die waldigen Anhöhen des Königstuhls zu führen, befassten sich schon Anfang der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts mehrere Gesellschaften. 1873 unterbreitete der Ingenieur Riggenbach auf Veranlassung eines Konsortiums den massgebenden Behörden das Projekt einer Zahnradbahn vom Klingentor nach Schloss-Molkenkur-Königstuhl zur Konzessionierung. Das Projekt fand seitens der städtischen und staatlichen Behörden die weitgehende Unterstützung, blieb jedoch infolge des plötzlichen Todes eines der Hauptbeteiligten unausgeführt.

In der Zwischenzeit hatten die amerikanischen Ingenieure neue Wege beim Bau von Bergbahnen eingeschlagen. Sie versuchten den Seilbahnen durch Anwendung von zwei Drahtseilen, von denen das eine als Zugseil, das andere als Sicherheitsseil fungierte, zum Durchbruch zu verhelfen. 1882 erarbeitete der Amerikaner, Ingenieur Eppelsheimer, der Patentinhaber für dieses Seilbahnsystem war, im Auftrag der Fa. Soenderop & Co., Kommanditgesellschaft für Bau und Betrieb von Eisenbahnen in Berlin, nach diesem System ein Bergbahnprojekt zum Schloss und zu der Molkenkur. Der Ausführung des Projekts konnte aber wegen Schwierigkeiten beim Grundstückserwerb nicht nähergetreten werden.

Schon 1883, nachdem das Eppelheimer'sche Projekt aufgegeben wurde, fassten die Gesellschafter, Gebrüder Leferenz, die Pläne zum Bau einer kombinierten Zahnrad- und Drahtseilbahn von der Zwingerstrasse (Bremeneck) zum Schloss und zu der Molkenkur ins Auge. Nach Gründung der «Heidelberger Strassen- und Bergbahn Gesellschaft, Leferenz & Co.» (später HSB) am 23.3.1885 legten die Gesellschafter das Bergbahnprojekt dem Stadtrat zur Genehmigung vor. Zunächst offerierte der Stadtrat der Gesellschaft, ein Zahnradbahnprojekt vom Klingentor aus vorzulegen. Die Schattenseiten eines Klingentorprojekts, besonders einer Zahn radbahn, und die Vorteile einer Drahtseilbahn scheinen es gewesen zu sein, die den Stadtrat veranlassten, dem Klingentorprojekt keine weitere Beachtung zu schenken. So erklärte sich der Stadtrat am 14.7.1885 dazu einverstanden, dass eine Bergbahn zum Schloss und der Molkenkur erbaut und das Drahtseilprojekt Bremeneck zur Ausführung gebracht werden solle. Hiergegen erhob am 30.7.1885 der Heidelberger Schlossverein Einspruch. Es wurde befürchtet, dass durch die Bergbahn die landschaftliche Schönheit Heidelbergs stark beeinträchtigt werde. Diese Agitation, der sich auch die Studentenschaft anschloss, führte zu einer ausserordentlichen Verzögerung der weiteren Abläufe.

Unterdessen waren zwei weitere Projekte aufgetaucht. Eines davon sah eine Drahtseilbahn zu einem geplanten Sanatorium vor. Diese Bahn sollte durch das Karmeliterwäldchen führen und nicht nur Sanatoriumszwecken, sondern auch dem allgemeinen Verkehr dienen. Das zweite Projekt von Mai-Arnold stellte eine kombinierte Drahtseil- und Zahnradbahn vom Klingentor zur Molkenkur dar.

Nach längeren Verhandlungen wurde der Heidelberger Strassen- und Bergbahn AG zum 25. Juni 1888 die nachgesuchte Konzession zum Bau und Betrieb einer kombinierten Drahtseil- und Zahnradbahn von Heidelberg zum Schloss und zur Molkenkur auf die Dauer von 50 Jahren erteilt. Bei den äusserst schwierigen Bauverhältnissen konnte die Bahn erst Anfang 1890 nach 2jähriger Bauzeit fertiggestellt werden. Es mussten tiefe Bergeinschnitte, 8 Wegunterführungen und ein Tunnel von 110 m Länge hergestellt werden. Nachdem die behördliche Revision stattgefunden und sich keinerlei Beanstandungen ergeben hatten, wurde die feierliche Eröffnung des Betriebes am 30. März 1890 unter reger Anteilnahme der staatlichen und städtischen Behörden, sowie sonstiger von Unternehmen beteiligter oder interessierter Kreise vollzogen.

Die Bergbahn nimmt ihren Anfang an der Zwingerstrasse beim Kornmarkt, führt in gerader südöstlicher Richtung bis zum Alten Schlossweg, macht von da bis über den Wolfsbrunnenweg mit einem Kurvenradius von 250 m und 130,44 m Länge eine Wendung nach Südost und verläuft in gerader Richtung nach der Gebirgseinsattelung nächst der Molkenkur weiter.

Die Bahnlänge beträgt waagrecht gemessen 457,7 m und in der Steigung 488,91 m. Die Steigung dieser Strecke bewegt sich zwischen 25 und 43%, wobei der absolute Höhenunterschied zwischen dem unteren und oberen Bahnsteig 172 m beträgt. Sie wurde in Meterspur erbaut.

Das System der Bergbahn bestand bis 1907 darin, dass sich an der Bergstation Molkenkur eine Seilscheibe befand, um die ein entsprechend starkes Drahtseil führte, an dessen beiden Enden je ein Wagen angehängt war. Jeder Wagen besass einen Wasserkasten von 8 cbm Rauminhalt. Beim Betrieb wurde der obere Wagen mit Wasser aus einem auf der Molkenkur gelegenen Reservoir so beladen, dass er das Übergewicht über den unteren Wagen erhielt und diesen hochziehen konnte. An der Station Kornmarkt wurde das Wasser wieder herausgelassen und durch eine mit einer Dampfmaschine angetriebenen Pumpanlage durch Rohrleitungen wieder in das Reservoir befördert. Die Fahrgeschwindigkeit konnte vom Wagenführer durch eine Bremsanlage, die in die Zahnstange eingriff, reguliert werden.

Der Gleisoberbau war dreischienig ausgeführt, wobei die mittlere Schiene von beiden Wagen benutzt wurde. In der Ausweiche teilte sich die mittlere Schiene in deren zwei auf, damit sich die Wagen begegnen konnten. Die Gleise selbst bestanden aus Stahlschienen von 10 cm Höhe und flusseisernen Querschwellen. Die Zahnstangen waren nach Riggenbach'schem System mit eingenieteten schmiedeeisernen Zähnen hergestellt. Schienen und Zahnstange bildeten von ihrer Befestigung her ein zusammenhängendes Ganzes. Der Gleisunterbau war grösstenteils treppenförmig gemauert und zur Aufnahme der Schwellen geschottert.

Die beiden von der Firma Fuchs Waggonfabrik AG, gelieferten Wagen waren treppenförmig konzipiert, so dass die Sitzplätze bei der mittleren Steigung von 36% waagrecht standen. Sie hatten 40 Sitzplätze und einen Gepäckraum, der nötigenfalls 10 Stehplätze bot. Jeder Wagen verfügte über eine bergseitige und eine talseitige Bremse, die beide durch ein Zahnrad auf die Zahnstange wirkten. Das Zahnrad war auf der Wagenachse aufgekeilt. Beiderseits des Zahnrades sassen Bremsscheibenräder, auf die bei der Bremsung hölzerne Bremsklötze angepresst wurden. Der Bremsdruck auf die Bremsklötze wurde durch ein Hebelgewicht erzeugt. Die bergseitige Bremse war selbsttätig und trat bei einem etwaigen Seilbruch sofort in Wirkung, während die talseitige Bremse (Handbremse) dem Wagenführer zur Regelung der Geschwindigkeit diente. Die normale Betriebsbremsung an den Stationen erfolgte durch den Maschinisten in der Bergstation Molkenkur.

Die Verständigung zwischen Wagenführer und Maschinisten geschah durch elektrische Klingelsignale. Die Signalleitung auf der Strecke verlief als blanker Draht, so dass sie der Wagenführer jederzeit mit einem Kontaktstock, der aus einem Metallrohr mit isoliertem Griff bestand, berühren konnte, wodurch dann der Stromkreis der Klingelanlage über den an dem Wagen angeschlossenen Stab und die Schiene geschlossen wurde. In den Stationen war die Signalleitung als Schleifleitung ausgebildet und durch einen am Wagen befestigten Stromabnehmer mit dem Druckknopf auf dem Wagen in Verbindung gebracht. Neben dieser sogenannten Schleifleitung für das Glockensignal befand sich eine ebenfalls blanke Leitung für telefonische Verständigung des Wagenführers mit dem Maschinisten.

Es zeigte sich bald, dass die Bergbahn einen dringendem Bedürfnis, besonders der Fremden, entsprach. Im ersten Betriebsjahr wurden 189 904 Personen befördert; 1906 waren es schon 260 517 Personen. Mit dem Neubau der oberen elektrisch betriebenen Bergbahn Molkenkur-Königstuhl wurde die bis dahin mit Wasserballast betriebene untere Bahn ebenfalls in eine solche mit elektrischen Antrieb umgestellt. Hierdurch war die Möglichkeit gegeben, die Fahrten infolge des Wegfalls der Wasserfüllung in kürzeren Abständen zu wiederholen. Überdies liess sich der Betrieb - was für die Wirtschaftlichkeit wichtig war - jetzt auch im Winter aufrechterhalten.

Zum 30. Oktober 1906 wurde der Betrieb der unteren Bahn eingestellt. Anschliessend begann der Umbau der Molkenkurstation, der infolge des harten Winters unter schwierigen Gründungsarbeiten erst im Februar 1907 soweit gediehen war, dass der Einbau der Maschinen und elektrischen Anlagen erfolgen konnte. An den Wagen hingegen waren keine Änderungen erforderlich. Sie wurden lediglich gründlich Instandgesetzt, erhielten eine neue Beleuchtung unter Benutzung einer Oberleitung und wurden mit einem neuen Anstrich, der dem der Strassenbahnwagen glich, versehen. Ebenso waren an den Gleisanlagen keine wesentlichen Änderungen erforderlich.

Aufgrund der Erfahrungen des ersten Betriebsjahres mit dem elektrischen Betrieb wurde es für notwendig erachtet, auch einen Umbau der Kornmarkt- und Molkenkurstationen dergestalt vorzunehmen, dass die Fahrgäste auf der einen Seite in den Wagen einsteigen und auf der anderen Seite aussteigen können und sich so nicht mehr gegenseitig behindern. Dazu mussten Änderungen sowohl an der Gleisanlage als auch an dem vorhandenen Rollmaterial vorgenommen werden. Zudem waren drei Wartesäle mit ausreichender Sitzgelegenheit vorgesehen, die nicht nur einem vorhandenen Bedürfnis entsprachen, sondern auch den durch den Winterbetrieb - Rodler - geschaffenen neuen Verhältnissen Rechnung tragen sollten. Der beabsichtigte Zweck dieser Um- und Neubauten war es, eine weit schnellere Abfertigung der Wagen und eine grössere Anzahl Fahrten als bisher zu ermöglichen.

Die einleitenden Arbeiten wurden wegen des schlechten Wetters schon im November 1907 vorgenommen, und der Betrieb für die Zeit vom 26.11.-22.12.1907 eingestellt. Die weiteren Umbauarbeiten konnten dann während des Betriebes ausgeführt werden. Der 1907 begonnene Bau der drei Wartehallen an der Kornmarkt-Station konnte im Folgejahr zu Ende geführt werden.

Für die Gleisänderung war im März 1908 eine nochmalige Betriebseinstellung erforderlich. Anstelle des bisherigen dreischienigen Oberbaues trat das billigere Zweischienensystem, das auch die zweite Zahnstange ausserhalb der Ausweiche entbehrlich machte. Bei den Weichen sind die Innenschienen zum Seildurchlauf unterbrochen. Daher mussten die Wagen mit den für Standseilbahnen üblichen Radsätzen ausgerüstet werden. Die äusseren Räder erhielten zwei Spurkränze, und die Innenräder wurden als breite Rollen ausgeführt. Gleichzeitig sind die Wagen auch auf der bisher geschlossenen Seite mit Türen versehen worden.

Mit diesen technischen Ausrüstungen ist die untere Bergbahn jahrzehntelang ohne Störungen und Unfälle betrieben worden. Lediglich wegen der Kohlenknappheit standen im Winter 1918/19 die Räder still, ebenso zum Ende des 2. Weltkrieges beim Einmarsch amerikanischer Truppen zwischen dem 29.3 und 12.5.1945. Da im Laufe der fünfziger Jahre das Platzangebot bezüglich des immer grösser werdenden Beförderungsbedürfnisses, insbesondere zum Schloss, öfter nicht ausreichend war, befasste sich die Strassenbahngesellschaft jahrelang mit der Schaffung besserer Beförderungsmöglichkeiten zum Schloss. Hierfür wurde neben der Erneuerung der Bergbahn mit einer Vergrösserung des Platzangebotes und Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit auch der Bau einer Rolltreppe zum Schloss erörtert. Beides wurde eingehend untersucht und auch Projekte dafür ausgearbeitet. Dadurch, dass die Bergbahn ohnedies erneuert werden musste, ergab sich die Frage, ob nicht die untere Bahn zwischen Kornmarkt und Schloss vollständig durch den Bau einer Rolltreppe ersetzt werden könnte. Dadurch hätte aber der Abschnitt zwischen Schloss und Molkenkur für die Bergbahn erhalten bleiben müssen, wobei verhältnismässig hohe Umbau- bzw. Erneuerungskosten entstanden wären. Auch wurde berücksichtigt, dass es Menschen gibt, die die Benützung einer Rolltreppe grundsätzlich ablehnen, und so ein Teil der Schlossbesucher dann kein Beförderungsmittel gehabt hätte. Aus diesen Erwägungen heraus entschloss man sich, die Bergbahn zu erneuern.

So wurde am 25.9.1961 die alte Anlage ausser Betrieb gesetzt. An ihre Stelle trat eine nach dem damaligen neuesten Stand der Technik angelegte Bahn, die vollautomatisch arbeitete. Insofern kann die Bahn auch ohne Maschinisten durch Signalgebung des Wagenführers betrieben werden. Der Neubau bedeutete auch zugleich eine Abkehr von der alten Zahnradtechnik, denn die neue Bahn wird ohne Bremszahnrad betrieben. Der bisherige Schottergleiskörper wurde durch einen Betonkörper ersetzt und die alten Schienen gegen neue Keilkopfschienen ausgewechselt. Auch erfolgte eine vollständige Erneuerung der Stationsgebäude am Kornmarkt und am Schloss. Zur Beschleunigung des Fahrgastwechsels ist an allen drei Stationen eine Trennung der ein- und aussteigenden Fahrgäste vorgenommen worden.

Die neuen Bergbahnwagen sind als Gliederzüge konzipiert und können 100 Personen aufnehmen. Ihre Geschwindigkeit beträgt bis zu 4 m pro Sekunde; doppelt so viel wie bei der alten Bahn. Die Wagenkasten stammen von der Firma Waggonfabrik AG in Rastatt, die Fahrwerke von der Firma von Roll in Bern (Schweiz). Zur Betriebssicherheit erhielten die beiden Gliederzüge jeweils vier Bremszangen, die auf die Keilkopfschienen wirken und als Fangbremsen wirken.

Die Lichtstromversorgung erfolgt über eine Oberleitung mit 220 Volt Wechselstrom, während eine zweite nur 12 Volt Gleichstrom führende Fahrleitung zur Steuerung der Anlage dient.

Die elektrische Anlage, die sich grundlegend von der alten Bahn unterscheidet, lieferte und montierte die Firma AEG.

Am Ostersamstag, 26.4.1962, konnte der Fahrbetrieb wiederaufgenommen werden. Während der Umbauzeit hatte es einen Ersatzverkehr mit Omnibussen gegeben. Die neue Bergbahn wurde vom Publikum gut angenommen. Jährlich werden annähernd 900000 Fahrgäste befördert. Die Bergbahn stellt, nach wie vor, eine besondere Attraktion für Heidelberg als Universitäts- und Fremdenstadt dar.

 
Die Obere Bahn Molkenkur-Königstuhl

Die günstigen Ergebnisse der unteren Bahn, sowohl hinsichtlich der Betriebssicherheit wie der Benutzung durch das Publikum, liessen schon bald den Gedanken aufkommen, die Bahn zu der gleichfalls viel besuchten höchsten Erhebung Heidelbergs, dem Königstuhl, zu verlängern.

Vorarbeiten in dieser Richtung erfolgten schon frühzeitig; jedoch erst mit Aufkommen des Wintersports in der Umgebung von Heidelberg seit Anfang dieses Jahrhunderts und die Errichtung eines Elektrizitätswerkes gaben Veranlassung, dem Projekt ernsthaft näherzutreten, denn diese Umstände waren auf den Verkehr wie die Betriebskosten von günstigem Einfluss. Schliesslich wurde im Frühjahr 1905 der Bau endgültig beschlossen und die Ausführung der mechanischen und elektrischen Betriebsmittel der Firma Brown, Boveri & Cie., Mannheim übertragen, die ihrerseits mit den L. von Rollschen Eisenwerken in Bern wegen Ausführung des mechanischen Teils in Verbindung trat. Beide Firmen hatten zusammen in der Schweiz schon mehrere Bergbahnen mit Erfolg erbaut. Der Entschluss, die neue Bahn mit Elektrizität zu betreiben, hatte, wie bereits erwähnt, die Folge, auch die untere Bahn für den elektrischen Betrieb umzubauen, da sich die Betriebsart viel kostengünstiger stellte. Nach Erhalt der Genehmigung begannen im Sommer 1905 die Bauarbeiten. Das Stationsgebäude auf dem Königstuhl wurde im September 1906 fertiggestellt. Nach einer 2jährigen Bauzeit kam die obere Bahn am 28. Mai 1907 in Betrieb. Die Bahnlinie in ihrer gesamten Ausdehnung besitzt zwei vollständig getrennte Teilstrecken, so dass bei der Station Molkenkur von der unteren zur oberen Bahn umgestiegen werden muss. Diese Teilung, die vielfach angefochten wurde, gestattet aber in der gleichen Zeit eine unterschiedliche Fahrtenzahl auf den Teilstrecken je nach Bedarf durchzuführen. Diesem Vorteil standen aber die Nachteile des Umsteigens und die Einrichtung zweier Betriebsstationen mit Ausrüstung und Bedienungsmannschaft gegenüber.

Die obere Bahn beginnt im Anschluss der Endstation der unteren Bahn, setzt sich mit grosser Steigung und in zwei schlanken Kurven über die Weggabelung hinter der Molkenkur bis zur Ausweiche hinweg, um von da in gerader Richtung und stets wachsender Steigung zum Königstuhl zu gelangen. Die Höhendifferenz zwischen der Station Molkenkur und der Station Königstuhl beträgt 260,5 m. Die Länge der Bahn beträgt in der Horizontalen gemessen 974 m und in der Steigung 1020 m. Die Anfangssteigung an der Station Molkenkur beträgt 27%, in der Mitte der Ausweiche 22% und die Endsteigung 40,9%. Die Gleisanlage besteht, wie bei Bergbahnen üblich, aus Keilkopfschienen. Die Schienen sind auf eisernen Querschwellen mit 1000 mm Spurweite verlegt. Durch Anwendung der Schienenbremse konnte auf die Zahnstange verzichtet werden. Das Gleisbett entspricht in der Bauweise dem der alten unteren Bahn.

Das Drahtseil ist ein verzinktes Rundlitzenseil mit einem Durchmesser von 30,3 mm. Das Seil ist auf der Strecke, wie bei der alten unteren Bahn, auf Rollen gelagert und läuft in der Maschinenanlage zunächst über ein Ablenkrad, dann über das Treib- und Umlenkrad in zweimaliger Umwicklung wieder auf die Strecke. Während sämtliche Seilscheiben bei der alten unteren Bahn in gleicher Neigung wie der letzte Streckenabschnitt lagen, sind sie bei der oberen Bahn vertikal angeordnet. Als Antrieb dient ein Gleichstrom-Nebenschlussmotor für 600 Volt Spannung. Auf dem Führerstand der Antriebstelle - in der Bergstation Königstuhl - befindet sich ein Indikator, der dem Maschinisten die jeweilige Stellung der Wagen auf der Strecke anzeigt, ein Geschwindigkeitsmesser, ein Handrad für die Handbremse und ein Hebel für die automatische Bremse. Die Handbremse Ist eine einfache Spindelbremse und wirkt auf eine mit dem Windwerk verbundene Bremsscheibe. Die automatische Bremse dagegen dient als Notbremse. Sie besteht aus zwei hölzernen Bremsbacken, die durch eine Spindel bewegt auf eine Bremsscheibe wirken. Bei automatischer Bremsung wird ein an einem Drahtseil hängendes Gewicht-zu Fall gebracht. Hierdurch rollt sich das Drahtseil ab und dreht dabei die Spindel, welche die Bremsbacken anzieht.

Die beiden von der Firma Heinrich Fuchs Waggonfabrik AG, Heidelberg, gelieferten Wagen hatten ursprünglich zwei geschlossene Abteile für je 10 Sitzplätze und hinten und vorne zwei offene Abteile für je 15 Stehplätze; im vorderen Abteil waren Klappsitze angebracht, mittels deren hier anstelle von 15 Stehplätzen 10 Sitzplätze geschaffen werden konnten. 1924 erfolgte der Einbau von geschlossenen Plattformen. Danach waren die Wagen für 20 Steh- und 30 Sitzplätze zugelassen. Sämtliche Abteile werden elektrisch beleuchtet. Der Strom hierfür wird aus einer besonderen, an Auslegern angebrachten Oberleitung entnommen. Die Fahrgeschwindigkeit beträgt maximal 2 m pro Sekunde.

Die Bremsung der Wagen erfolgt derart, dass der keilförmige Schienenkopf von einer am Wagengestell befestigten Zange fest umfasst wird. In jedem Wagen sind drei solcher Zangen eingebaut, die alle auf der Wagenseite, auf der das Rad mit den Doppelspurkränzen läuft, angebracht sind. Die vorderste Zange, die vor der bergseitigen Achse sitzt, ist die Handbremse des Wagens. Sie kann nur vom Wagenführer mittels Handkurbel von den Plattformen bedient werden. Die beiden anderen Zangen bilden die automatische Bremse. Diese kann vom Wagenführer entweder mittels Fusspedal bedient werden oder tritt bei evtl. Seilbruch automatisch in Funktion.

Die Signaleinrichtungen sind die gleichen, wie sie bei der alten unteren Bahn bestanden.

Die Beförderungszahlen auf der gesamten Bergbahn stiegen nach der Betriebsaufnahme der oberen Bahn ständig an. Besonders durch die Möglichkeit, auch im Winter den Fahrbetrieb aufrechtzuerhalten, wurde der Wintersport auf dem Königstuhl- Einrichtung einer Rodelbahn - gefördert. 1947 erreichten die Beförderungszahlen der Bergbahn mit 1,4 Mio. Personen den absoluten Höchststand. Nur nach Kriegsende 1945 war der Betrieb der oberen Bahn vom 29.3. bis 21.10. unterbrochen.

Die zunehmende PKW-Benutzung bewirkte bei der Bergbahn ab 1964 einen stetigen Beförderungsrückgang. Hinzu kam, dass die Einheimischen vielfach auch den Bus zum Kohlhof der Bergbahn vorzogen. Dies gab Anlass für Überlegungen, durch entsprechende Massnahmen die Attraktivität und Wirtschaftlichkeit der Bergbahn zu erhöhen. Daher errichtete die Strassenbahngesellschaft zwischen 1969 und 1971 ein Parkhaus mit Hotel, Imbisstube und kleinen Läden über der Talstation Kornmarkt, um mehr Besucher des Schlosses und des Stadtwaldes zu bewegen, dort zu parken und die Bergbahn zu benutzen. Der Bau dieses Parkhauses erfordete für die Bergbahn zeitweilig ein Ersatzverkehr mit Omnibussen (3.11.1969-26.3./ 15.4.1970). Darüber hinaus entstand auf dem Königstuhl ein Märchenparadies (am 30.3.1972 eröffnet) zur Erschliessung des Erholungsgebietes und zusätzlichen Belebung des Bergbahn-Verkehrs. Seit 1975 wird das Märchenparadies von einem Pächter betrieben

 
Der Turmaufzug
Ein beliebtes Fahrziel auf den Königstuhl war von jeher der Aussichtsturm (568 m ü. d. M.). Zur Hebung des Fremdenverkehrs auf beiden Bergbahnen wurde am 11.4.1911 auf diesem Aussichtsturm ein elektrisch betriebener Personenaufzug in Betrieb genommen. Er war für eine Beförderung von 9 Personen einschliesslich Führer eingerichtet. Die Antriebsstation befand sich im Walde in einem Blockhaus östlich des Aussichtsturmes und bestand hauptsächlich aus einem Elektromotor von 19 PS, dem Anlasser und dem Windwerk, von dem die Last- und Gewichtsseile durch einen unterirdisch gemauerten Kanal zu dem Fahrstuhl führten. Für die obere Station hatte der Turm einen erkerförmigen Aufbau erhalten. Die Inbetriebnahme des Aufzuges erfolgte von einer Kabine aus, wobei der Strom von 550 Volt Spannung, wie für die Bergbahn, aus dem Strassenbahnnetz entnommen wurde. Der Aufzug selbst wurde von der Firma Mohr & Federhaff in Mannheim in Verbindung mit den Siemens-Schuckert-Werken ausgeführt. Von der Plattform des Aussichtsturmes erschloss sich ein herrlicher Ausblick auf die Umgebung Heidelbergs, die Rheinebene und über die Höhen des Odenwaldes.

1959 entstand unweit des alten Aussichtsturmes ein Fernsehturm. Innerhalb dieses neuen Turmes wurde ein für 10 Personen zugelassener Turmaufzug der Firma Mohr& Federhaff eingebaut und am 5.11.1960 in Betrieb genommen. Der alte Aussichtsturm dagegen wurde abgebrochen. Während der alte Aufzug eine Geschwindigkeit von 0,8 m pro Sekunde hatte, fährt der neue Aufzug mit 1,25 m pro Sekunde.

Im Zuge einer Straffung und Konsolidierung des Leistungsprogrammes der HSB wurde der Turmaufzug am 1.8.1975 an die Stadt abgegeben, die ihn an Dritte verpachtete.
 
Projekt Heiligenbergbahn

Der Gedanke, den Heiligenberg durch eine Bergbahn zu erschliessen tauchte erstmals im Jahre 1909 auf. Den Anlass hierzu gab das grosse Interesse der Stadt- und Strassenbahnverwaltung, den stetig wachsenden Fremdenverkehr nach Möglichkeit festzuhalten, den die Königstuhlbahn an Sonntagen und schönen Nachmittagen wie auch im Winter beim Schneesport nicht mehr zu bewältigen vermochte. Infolgedessen lag es nahe, die touristisch fast noch ganz unerschlossenen herrlichen Höhenzüge und Waldstrecken des Heiligenberges durch eine ähnliche Bergbahn, wie die an der Schlossseite, zugänglich zu machen.

Hauptsächlich standen zwei Projekte zur Diskussion. Eines davon sah eine «Verkehrsbahn» von Neuenheim zum Aussichtsturm vor. Von dem zweiten Projekt, das durch die Strassenbahndirektion favorisiert wurde, gab es zwei Varianten. Beide hatten den Ausgangspunkt bei der Alten Brücke, und sahen entweder den vorderen Gipfel des Heiligenberges (380 m) oder den Hauptgipfel (445 m) als Endpunkt vor.

Um 1912 waren Planungen für einen Schrägaufzug von der Gabelsbergerstrasse zur Mönchberghütte in Bearbeitung. Dieser Schrägaufzug sollte Strassenbahnwagen auf einer Tribüne hochbefördern, die dann ab Mönchberghütte mit Eigenantrieb Höhenrundfahrten auf dem Gebiet des Heiligenberges (Schleife um den Berg nach dem Zollstock, und Schleife nach der unteren Seite zurück zum Aussichtsturm) durchführen sollten. Die Vorarbeiten zu diesem Projekt waren bereits abgeschlossen und auch das Gelände war erworben, als der Erste Weltkrieg ausbrach und das Projekt zum Scheitern brachte.
Erhebliche technische Fortschritte im Bau von Seilbahnen und ihrer Einrichtung an vielen Fremdenverkehrsorten gaben 1954 Anlass, das Projekt Heiligenbergbahn neu zu prüfen. Hierbei standen vier Trassenführungen zur Erörterung:

Trasse A: Karl-Theodor-Brücke (Alte Brücke, Nähe Schlangenweg)-Nähe Stefanskloster
Trasse B: Mönchbergsteige-Bismarcksäule (Winkelstation)-Nähe Stefanskloster
Trasse C: Grundstück Neuenheimer Landstrasse Nr. 18-Nähe Stefanskloster
Trasse D: Hainsbachweg (beim Spielplatz)-Plateau beim Gasthaus «Zur Waldschänke»

Zwischen 1961 und 1966 wurden weitere Verhandlungen geführt. Schliesslich beschloss am 4.3.1965 der Städtische Beirat des Fremdenverkehrs den Bau der Seilschwebebahn auf den Heiligenberg. Aber ausser einer grundsätzlichen Befürwortung dieser Planung kam es bisher zu keiner definitiven Entscheidung, welche Trasse diese Seilbahn benutzen solle